Spezialradmesse Germersheim 2003

Eingang zur Spezi Die 8.Deutsche Spezialradmesse fand dieses Jahr am 26. und 27. April wieder in der Stadthalle in Germersheim statt. Das letzte Wochenende im April ist nun so eine Art fester Termin für die Spezi geworden. Die Zahl der Aussteller ist im Vergleich zum Vorjahr unverändert geblieben. Das Ausstellerverzeichnis im Messekatalog enthält in diesem Jahr 62 Eintragungen. Zum ersten Mal wurde die Messe in drei Ausstellungshallen präsentiert, so dass für die einzelnen Aussteller teilweise deutlich mehr Ausstellungsfläche zur Verfügung stand. Wie in den Jahren zuvor war ich an beiden Tagen mit der Digitalkamera unterwegs um nach Neuigkeiten Ausschau zu halten. Die getroffene Auswahl ist, wie in den vergangenen Jahren auch, subjektiv gefärbt und die Kommentare spiegeln meine eigene, subjektive Sicht wieder. Neben den Neuigkeiten der kommerziellen Aussteller gab es auch vor der Messehalle wieder einige interessante Eigenbauten und Detaillösungen zu bewundern. Wie auf den anderen Seiten können die Bilder durch anklicken vergrößert werden. Aber Vorsicht es sind dann jeweils gleich 100kB und mehr, die geladen werden.
Faltlieger von Bike Friday entfaltet Faltlieger von Bike Friday gefaltet
Faltlieger im Kofferanhänger Faltlieger Detail Nach dem im letzten Jahr zwei kommerzielle Hersteller an dem vom HPV organisierten Faltliegeradwettbewerb teilgenommen hatten, war dieses Jahr ein weiterer Hersteller mit einem faltbaren Liegerad auf der Messe vertreten. Bike Friday, bisher für seine faltbaren Reise- und Rennräder - inklusive Tandem - bekannt, hat seine Modellpalette um ein Liegerad erweitert, das sich in relativ kurzer Zeit zu einem tragbaren Paket falten lässt. Dieses Paket wird durch Packriemen zusammengehalten. Wird das Rad noch weiter demontiert, passt es mit viel Geschick in einen Hartschalenkoffer, der mit zwei Rädern und einer Zugdeichsel versehen, die ebenfalls im Koffer Platz finden, auch als Anhänger genutzt werden kann. Der Umbau von Fahrrad mit Anhänger zum unauffälligen Reisegepäck und zurück erfordert aber etwas Zeit, Geduld und Geschick, so dass ich in diesem Fall eher von einem Montage- als von einem Faltrad sprechen würde. Verglichen mit den anderen Rädern von Bike Friday, ergibt sich der wesentlich höhere Montageaufwand durch mehr Gelenke und Teile. In der Detailaufnahme sieht man noch einmal das Gelenk des Tretlagerauslegers, der zum Falten nach hinten geklappt wird, nachdem zuvor der Sitz und der obere Teil des Lenkers abgebaut wurde. Das Trägerrohr, auf dem der Sitz befestigt wird, ist um die gleiche Achse drehbar. Die vordere Kette wird beim Falten durch zwei Haken, einer am Tretlagerausleger und einer am Rahmenrohr, aufgefangen und fixiert.
ATL-Faltlieger von Radnabel Am ATL-Falter von Radnabel, dem Sieger des letztjährigen Faltliegeradwettbewerbes, ist ein wesentlicher Schwachpunkt beseitigt worden. Im letzten Jahr musste die Kette beim Falten noch mit der Hand abgenommen werden und hing dann mehr oder weniger fixiert in der Luft. Beim Entfalten war wieder der Einsatz der Hä,nde notwendig um die Kette an ihren vorgesehen Platz aufzulegen. Nur bei einem Vorführrad mit nagelneuer,unbenutzter Kette bleiben da die Hände sauber. Jetzt verläuft die Kette vollständig in Kettenschutzrohren, die an den Gelenkstellen geteilt sind. Dieses Konzept, das auch von Utopia an einigen Modell angewendet wird, erfordert den Einsatz einer Nabenschaltung, hier einer Rohloff. Wie stark der Verschleiß der Kettenschutzrohre an den Trennstellen ist, wird sich beim praktischen Fahrbetrieb erst noch zeigen müssen. Beide Stellen liegen im Bereich des Schwingengelenkes, sind hier mehr oder weniger fixiert, sodass durch die Rohre hier die Kettenrichtung geändert wird. Als Folge tritt genau an diesen Stellen erhöhter Verschleiß auf.
ATL-Faltlieger Detail Hinterrad ATL-Faltlieger Trennstelle Kettenrohre
Easyrider von Thorax Thorax hat seine Dreiradpalette um ein weiteres Modell erweitert. Auch wenn im Messekatalog versucht wird, einen sportlichen Eindruck zu vermitteln, dürfte das Rad eher für Einsatzbereiche geeignet sein, bei denen Aerodynamik, nahezu senkrechte Sitzposition, optimale Kraftübertragung, das Zugtrum wird mit einer relativ kleinen Rolle um fast 90 Grad umgelenkt als Schaltung ist eine 7-Gang-Nabe eingesetzt, und Gewicht von untergeordneter Bedeutung sind. Ein interessantes Detail ist die Kombination der S7 mit einem Rohloff-Kettenspanner. Mit dem niedrigen sehr bequemen Durchstieg, der moderaten Sitzhöhe und dem bequemen, gut erreichbaren Lenker, der fast wie in einem PKW angeordnet ist, ist dieses Dreirad vor allem auf die Bedürfnisse von Senioren zugeschnitten. Durch die Möglichkeit, eine große Packtasche leicht zugänglich hinten am Sitz zu befestigen und durch die beiden Gepäcktaschen links und rechts vom Sitz ist diese Rad auch für Touren geeignet.
Toxy TT Toxy TT Detail
Es geht noch ein Stückchen tiefer. Nach dem Standardmodell des Toxy und dem Toxy-LT war nun in diesem Jahr ein neuer Prototyp, das Toxy-TT, auf der Messe zu bewundern. Durch eine noch stärkere Biegung des Rahmen und ein kürzeres Federelement konnte die Sitzhöhe dieses Kurzliegers um einige weitere Zentimeter abgesenkt werden. Verglichen mit dem Toxy ZR immer noch sehr hoch, aber das ZR gehört auch zu einer ganz anderen Klasse, ist ein echter Tieflieger. Die noch niedrigere Sitzposition macht die Verwendung einer Umlenkrolle im Zugtrum nun zwingend notwendig. Schon beim klassischen Toxy führt die Nutzung des Kettenschutzrohres zur geringfügigen Umlenkung der Kette in der Nähe des Schwingendrehpunktes zu einem merklich höherem Verschleiß. Durch die Umlenkrolle geht allerdings nun auf der rechten Seite der Platz für eine Trinkflasche verloren. Interessant ist auch die Befestigung des Untenlenkers an den beiden Gabelstandrohren gelöst. Leider war der ausgestellte Prototyp noch nicht soweit fertig, dass eine Probefahrt möglich gewesen wäre. Mit seiner Geometrie erinnert das Rad sehr an das 'Hurricane' von Challenge, zum Fahrverhalten vielleicht nach der nächsten Spezi mehr.
Baron Steuerrohrknoten Baron Steuerrohrknoten Detail
Als Schwachpunkt des Baron von Optima hatte sich in der Vergangenheit der Steuerrohrknoten des Rahmens erwiesen. Vor allem bedingt durch die Kettenzugkräfte, verstärkt durch die Belastungen, die über das Steuerrohr an dieser Stelle in den Rahmen eingeleitet werden, kam es bei mehreren Rahmen im Bereich diese Knotens zu Rissen in der Nähe der Schweißnähte. Auch durch zusätzliche aufgesetzte Verstärkungsbleche konnte Optima dieses Problem nicht befriedigend lösen. Dieses Jahr war eine andere Variante zu sehen. Vor und hinter dem Steuerrohr war jeweils ein ca 5mm dickes Blech senkrecht in das Rahmenhauptrohr eingesetzt und mit diesem auf der Ober- und der Unterseite verschweißt. Soweit durch die Zugöffnungen zu erkennen war, sind die beiden Bleche innerhalb des Rahmenrohres nicht mit dem Steuerrohr verbunden. Nur unterhalb sind sie dort, wo von außen zugänglich, mit dem Steuerrohr verschweißt. Bei Biegebeanspruchung des Rahmenhauptrohres kommt es weiterhin zu starken wechselnden Zugbelastungen im Bereich der oberen Steuerrohrschweißnaht. Zusätzlich erfolgt durch die Zugöffnungen eine Schwächung des Rohres in der Nähe diese Bereiches. Es hat den Anschein, das hier durch die realisierte Umsetzung des konstruktiven Grundgedankens viel von der erhofften Wirkung verloren geht. Wie viel wird die Praxis zeigen müssen.
Kurzliegerbausatz KS-2 Die holländische Firma Dutch Speed Bicycles ist mit dem Ziel angetreten mehr, Liegeräder auf Straßen und Wege zubringen. Zu diesem Zweck wurde der Bausatz KS2 entwickelt, mit dessen Hilfe sich ein normales Fahrrad in ein Liegerad umbauen lässt. Allerdings ist dieser Umbau nicht umkehrbar, da der Rahmen des umzubauenden Rades an zwei Stellen durchgesägt werden muss. Das Ergebnis ist ein recht hoher, obengelenkter Kurzlieger. Die Ausführung der Hinterradfederung, Federelement ist eine einzelne Druckfeder, die offensichtlich von einem alten Fahrradsattel stammt, wirkt nicht sehr vertrauenerweckend. Vom Aussehen hat das Rad etwa den Charme des Hobbythekliegers, nur das dieser mit einem anderem, wesentlich bescheidenerem Anspruch angetreten ist. Der Preis des Umbausatzes scheint mir, unter Berücksichtigung, dass zu einem fertigen Rad noch viele Komponenten fehlen, relativ hoch.
In diesem Jahr galt meine besondere Aufmerksamkeit den ausgestellten Tandems, insbesondere den Liegeradtandems. Da ich nicht gerade über besonders lange Beine verfüge spielt für mich die Sitzhöhe des Captains eine besondere Rolle.
Double Dutch Tandem Bei den meisten der wenigen ausgestellten Liegeradtandems entspricht die Sitzposition eher einem Scooterbike, relative steile Rückenlehne und zumindest für den Hintermann eine sehr niedrige Tretlagerhöhe. Beim DoubleDutch von Wiegerwheels aus Holland kommt dazu noch die ungewöhnliche Sitzhöhe von etwa 70cm. Diese resultiert aus dem horizontalen Rahmenrohr auf dem beide Sitze zur Anpassung an die Beinlänge verschoben werden können.
ZOX Tandem Etwas günstiger sind die Verhältnisse beim Tandem von ZOX, bei dem ebenfalls Captain und Stoker klassisch hintereinander sitzen. Es gibt drei verschiedenen Varianten. Diese unterscheiden sich im wesentlichen in der Art des Antriebs bzw. in der verwendeten Hinterradgröße - 20 oder 26 Zoll. Standardmäßig ist ein Allradantrieb vorgesehen, bei dem die beiden Antrieb vollkommen voneinander entkoppelt sind. Captain und Stoker haben jeder für sich eine eigene Schaltung, so dass jeder mit seiner eigenen Trittfrequenz treten kann. In der 26 Zoll Variante wird auch ein klassischer gekoppelter Antrieb angeboten, der dann nur auf das Hinterrad wirkt. Durch den verglichen mit einem Standardtandem deutlich größeren Abstand zwischen Stoker und Captain erfordert die Kommunikation zwischen beiden, die besonders bei getrennten Antrieben noch wichtiger ist, schon einen etwas kräftigeren Einsatz der Stimme. Bei einer Proberunde auf dem Testparcour mit einem willkürlich ausgewählten Stoker hatte ich zudem das Gefühl,das das lange Rahmenrohr sich während der Kurvenfahrt deutlich verwindet und mir damit das Fahrverhalten recht schwammig erschien. Ein Effekt der sicherlich noch stärker wird, wenn das Tandem mit Reisegepäck an den Lowridern unterm Sitz des Captains und auf dem Gepäckträger voll beladen ist.
Greenspeed Tandem Greenspeed Tandem Detail
Bei diesem Tandemtrike ist die Sitzposition von Captain und Stoker nahezu identisch. Die Anpassung an die unterschiedliche Beinlänge erfolgt durch verschieben der Tretlager. Da sich damit die benötigten Kettenlänge ändert, ist ein schneller Platzwechsel zwischen Captain und Stoker nicht immer möglich. Der im Bild gezeigte Standardgepäckträger, an dem zwei große Packtaschen Platz finden, kann durch das Expedition-Modell ausgetauscht werden. Dann lassen sich ohne Probleme vier Taschen und ein oder zwei quergelegte Packsäcke mitnehmen. Auch beim Fahr- und Bremsverhalten hinterließ das Tandem auf einigen Proberunden auf dem Platz und den Straßen vor der Messehalle, mit Olaf als Stoker, einen überzeugenden Eindruck. Einziger Wermutstropfen ist der Umstand, daß das Rad auf Grund seiner Größe sehr sperrig ist, was selbst die Mitnahme in den verhältnismäßig geräumigen Fahrrad-abteilen, die im Berliner Umland im Regional-verkehr angeboten werden, nahezu unmöglich macht. Auch die Variante das Rad mittels mehrerer an geeigneter Stelle eingesetzter Rohr-Kupplungen zerlegbar zu machen, wenn ich den Hersteller richtig verstanden habe passt es dann in zwei große Hartschalenkoffer, und kann so im Flugzeug mitgenommen werden, ist auf Grund der aufwendigen Demontage und Montage keine Lösung für eine Sonntags-Radtour aus der Stadt. Dennoch und obwohl in Australien hergestellt sind schon einige davon auf den hiesigen Straßen anzutreffen.
Brox als Tandem Brox Detail
Zwischen den Messehallen war ein als Tandem aufgebautes Brox mit Rikschaanhänger als Shuttle unterwegs. Das Brox ist eigentlich ein vierrädriges Lastenrad. In der Tandemvariante wird die Transportkiste durch einen zweiten Sitz ersetzt und eine zusätzliche Kurbelgarnitur montiert, sodass der Mitfahrer seinen Anteil leisten kann. Da die Verwendung eines Nabendynamos bei vier einseitig aufgehängten Rädern eigentlich nicht möglich ist, wurde f¨r dessen Antrieb eine eigene Kette verwendet. Das Ritzel ist mit Kabelbindern, die durch die Speichenlöcher gefädelt sind, am Nabenflansch befestigt. Eleganter aber auch weitaus aufwendiger wäre die Verwendung eines Adapters zur Befestigung auf der Scheibenbremsaufnahme des SON. Allerdings müsste dazu die antreibende Kette auf der linken Seite verlaufen, damit die Drehrichtung stimmt. Das verwendete, relativ große Ritzel in Verbindung mit dem kleinen Kettenblatt bewirkt nur eine niedrige Drehzahl und damit eine niedrige abnehmbare elektrische Leistung. Mit einem 20 Zoll SON, einem deutlich kleinerem Ritzel und größerem Kettenblatt sind sicherlich 12V bei 6W möglich. Interessant ist auch die Verwendung einer Rohloff-Nabe als Zwischengetriebe. Das Abtreibende Kettenblatt ist auf die Scheibenbremsaufnahme aufgeschraubt.
Duotrike Im Unterschied zu den klassischen Tandems sitzen beim Duotrike beide Fahrer nebeneinander. Damit sollte die Kommunikation während der Fahrt immer problemlos möglich sein. Der Hauptnachteil diese Konzeptes ist die sich ergebende relativ große Breite des Fahrzeuges, das eigentlich nur auf der Fahrbahn gefahren werden kann. Schon ein einzelner Poller kann zu einem schwer zu überwindendem Hindernis werden. Durch die aufrechte Sitzposition wird die Stirnfläche noch weiter vergrößert. Das Rad ist auch nicht für zügigeres Fahren konzipiert, die großen Hinterräder können keine sehr großen Seitenführungskräfte aufnehmen. Gepäck kann vor allem in dem Korb zwischen bzw. unter den Sitzen verstaut werden. Ob auch hinter den Sitzen noch eine größere Tasche befestigt werden kann war nicht zu erkennen. Die Sitze sind besonders bequem, man kommt leicht mit den Rahmenrohren in Berührung. Ob es für dieses Tandem, das sich wohl am ehesten für eine gemütliche Sonntagnachmittag ausfahrt eignet, eine Zielgruppe gibt ?
Das Rad zeichnet sich aber durch einige bemerkenswerte Detaillösungen aus. So hat jeder der beide Mitfahrer eine eigene Schaltung und treibt ein Hinterrad an. Das ein solcher unter Umständen asymmetrischer Antrieb funktioniert zeigen die einseitig angetrieben Trikes von Hase. Die verwendete Sachs-Nabenschaltung dient dabei als Zwischengetriebe. Dies erlaubt ein relativ einfache Lösung für Antrieb und Lagerung der Hinterräder und die Verwendung von Scheibenbremsen.
Duotrike Antrieb Duotrike Hinterradlagerung
Die Lenkung des kleineren Vorderrades erfolgt über einen Hebel und eine Lenkwelle. Die Lenkbewegung wird mittels Kegelradgetriebe auf den Gabelschaft übertragen. Inwieweit diese Art der Lenkkraftübertragung ausreichend spielfrei ist und ein sicheres Beherrschen ermöglicht, sei dahingestellt, durch die mittige Anordnung des senkrecht stehenden Lenkhebels können sich beide Fahrer selbst während der Fahrt problemlos beim Lenken abwechseln. Duotrike Lenkung

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