13.August Vittangi Karesuando

112,8km 6:59h Schnitt: 16,2km/h Maximum: 36,2km/h

Dies ist unser letzter Abend in Schweden. 1864km sind wir durch dieses Land bis fast in seinen nördlichsten Zipfel an die Grenze zu Finnland geradelt. Obwohl wir fast ausschließlich auf der wichtigsten Inlandstraße gefahren sind, hatten wir immer das Gefühl, das uns die Autofahrer mit viel Rücksichtnahme begegneten. Bis kurz hinter Vittangi war die Inlandsroute frei von Baustellen, ganz entgegen den Berichten anderer Radwanderer, die vor uns die gleiche Strecke gewählt hatten. Auch der Straßenbelag ließ sich fast immer sehr gut fahren. Hier, fast an ihrem Ende, wurden wir durch ein Verkehrsschild auf Wegearbeiten aufmerksam gemacht. Die Straße war auf 12km Länge, später nochmals 24km mit Rollsplitt ausgebessert worden. Es wechselten immer wieder gesplittete mit ungesplitteten Abschnitten unterschiedlichster Länge ab. Die Arbeiten waren aber offensichtlich schon abgeschlossen. Uns kam eine riesige Kehrmaschine entgegen, die, in eine große weithin sichtbare Staubwolke gehüllt, den überschüssigen Splint in den Straßengraben kehrte. Dort, wo diese Flickarbeiten noch nicht erfolgt waren, lief etwa alle 30m , mal mehr mal weniger, ein Bruch vom linken zum rechten Fahrbahnrand. Man fühlte sich an die alte Autobahn von Berlin nach Dresden, und deren zerbrochene Betonplatten erinnert - eine ständige, monotone Abfolge. Die Stöße wurden durch die Spannsitze der Kettwiesel nur zum Teil abgemildert.

Unterwegs überholten wir noch einen LKW, von dem aus die Markierungsstangen gesetzt wurden, die im Winter den Schneepflügen anzeigen, wo die Straße unter dem Schnee versteckt liegt. Diese Stangen, zum Teil schon neu gesetzt, zum Teil noch die umgefahrenen Reste vom letzten Winter, begleiten uns schon die letzten Wochen. Mit einem großen, am LKW befestigten Meißel wird ein Loch zwischen die Randsteine geschüttelt, eine Stange reingesteckt, kurz festgetreten und 50m weitergefahren. Und dann die gleiche Prozedur, das ganze über 1000 Mal, dann ist der nächste Ort erreicht.

Bild 1.42: Vorbereitungen für den Winter
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Auf der ganzen Strecke lagen nur zwei kleine Ortschaften, diese dafür dicht beieinander. Die Touristen und Urlaubsgäste haben jetzt, Mitte August, dem Norden schon wieder den Rücken gekehrt. Der Campingplatz in Nedre Soppereo wirkte sehr verlassen, der in Odre Soppereo war verschlossen. Ohne vorherige Absprache dürfte es schwierig werden hier ein Quartier zu finden, es sei denn man nimmt mit einer Rasthütte vorlieb. An einer solche hatten wir zufällig Rast gemacht. Sie lag an einem Fahrweg wenige Meter neben der Straße. Drin zwei rustikale Tische mit 4 Bänken und ein großer Kanonenofen, der nur darauf wartete mit Holzscheiten gefüttert zu werden. Dieser Platz ist sicherlich auch als Notquartier für eine Nacht geeignet, zumal die Ausstattung mit Toiletten sehr großzügig ist. Es gibt ein Plumsklo für Damen, eines für Herren und ein behindertengerechtes. Jedes in einem extra gar nicht so kleinem Holzhäuschen. Von diesem Rastplatz, der auf keiner von unseren Karten eingezeichnet ist, führte wenigstens ein Wanderweg in die Wildnis.

Am Campingplatz angekommen, war erst einmal geschlossen und keine Menschenseele zu finden. Es dauert aber nicht lange bis der Platzwart kam und wir unsere am Vorabend bestellte Hütte beziehen konnten. Auch hier waren wir fast die einzigsten Gäste. Die warme Dusche und die dann gut geheizte Hütte tat nach dem recht kalten und nassen Tag sehr gut. Mehrmals hatte es kurz und kräftig geregnet dazu blies die ganze Zeit ein straffer herbstlicher Nordwind.

Außer den Campinghütten standen am Rande des Platzes noch etliche, zum Teil sehr alte, traditionelle Holzhäuser, denen man die Bemühungen ansah, sie vor dem weiteren Verfall zu bewahren auch wenn sie scheinbar nicht mehr genutzt wurden, zumindest nicht mehr zudem ursprünglichen Zweck. Die meisten sind mit Grassoden gedeckt. Zwischen den Hütten fanden wir auf unserem abendlichen Rundgang auch einen alten Ziehbrunnen. Auch stand hier eine kleine Holzhütte, etwas größer als eine Hundehütte auf einem dicken in etwas über 2m Höhe abgesägten Baumstamm, genau so eine, die uns schon in Gällivare Rätsel aufgegeben hatte. Später haben wir dann erfahren, das es sich bei dieser Anlage um das Karesuando Kulturby, den originalgetreuen Nachbau eines Samendorfes und eines Neusiedlerdorfes handelt und man einige der Hütten im Sommer auch mieten kann.

Bild 1.43: Nordschwedisches Hexenhaus im Karesuando Kulturby
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Im ehemaligen Verwaltungsgebäude des Ortes, es wird auch ,,Das Weiße Haus``genannt, befindet sich seit einigen Jahren ein weiteres Reginalmuseum, das für sich in Anspruch nimmt, das nördlichste Museum Schwedens zu sein. Es beschäftigt sich mit der jüngeren Geschichte Karesuandos, vorallem mit der Zeit während und nach dem zweiten Weltkrieg. Um diese Jahreszeit ist es nur nach Voranmeldung zu besuchen.

Peter Schaefer 2006-02-18