So. 14.August Berlin - Rostock

33,4km 3:04h Schnitt: 10,9km/h Maximum: 25,8km/h

Nachdem es fast so aussah, als müssten wir dieses Jahr mit anderen Rädern zu unserer Finnlandreise aufbrechen, war das Kettwieseltandem doch rechtzeitig wieder repariert. Am vorletzten Sonnabend war uns in der Niederlausitz auf einem Stück Kopfsteinpflaster das linke Hinterrad am vorderen Kettwiesel abgebrochen. Erst vorgestern konnte ich das benötigte Ersatzteil abholen. Edda war darüber auch etwas traurig, hat sie sich schon darauf eingestellt, diese Urlaubstour mit ihrem eigenen, neuen Liegerad zu fahren. Nach dem ersten längeren Teilstück über finnische unbefestigte Straßen war sie aber dann doch froh darüber, das es sich so gefügt hatte.

Bild 1.1: Aufbruch nach Finnland
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Pünktlich um halb acht starteten wir mit unserem langen Gefährt Richtung Ostbahnhof. Dieses Jahr aber mit weniger Gepäck, ohne Zelt und Zubehör. Wegen Bauarbeiten am neuen Berliner Hauptbahnhof, die zweite so genannte Bügelbrücke für die neuen Gebäude über der Bahnhofshalle wurde umgeklappt, war die Berliner Stadtbahn gesperrt. Deswegen galten für fast alle Züge an diesem Wochenende andere Fahrpläne. Um ganz sicher zu gehen, nutzten wir gestern die Proberunde mit dem Tandem dazu, uns nochmals nach der Abfahrtszeit des Zuges nach Rostock zu erkundigen. 8:22 Uhr war die Auskunft. Als wir heute kurz nach acht den Bahnhof erreichten, in der Gewissheit noch ausreichend Zeit zu haben, zeigte die große Informationstafel in der Bahnhofshalle nur einen Zug 7:55 nach Rostock Hauptbahnhof an. Also schleppten wir im Eiltempo unsere Räder auf den Bahnsteig, in der Annahme wir hätten noch Glück gehabt, der Zug hat ein paar Minuten Verspätung, die nicht angezeigt wurden, und würde jeden Moment kommen. Knapp 10 Minuten später kam er dann auch und fuhr pünktlich um 8:22 Uhr ab, so wie jetzt auch angezeigt wurde. Die Bahn hatte nur vergessen, die heute gültigen Abfahrtzeiten für ihre Anzeigetafeln zu verwenden, als besonderer Service in dem eh schon riesigen Chaos im Berliner Bahnverkehr.

Bild 1.2: Saxophonspieler am Kölpiner Tor
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In Rostock angekommen blieb uns genug Zeit, durch die Innenstadt und den Stadthafen zu fahren. In der Fußgängerzone hatten wir mit viel mehr Betrieb gerechnet, war doch dieses Wochenende die Hanse-Sail. Stattdessen waren hier nur einige wenige Leute unterwegs, die letzten Buden wurden gerade abgebaut. Am Kölpiner Tor konnten wir so ungestört, in einem kleinen Straßencafe eine Pause einlegen. Nur ein Straßenmusikant spielte unweit auf seinem Saxophon und sorgte für eine angenehme Stimmung, in der der Latte Macchiato und der Kuchen nochmal so gut schmeckte. Irgendwann mussten wir uns dann doch losreißen, wollten wir doch noch mehr von der alten Innenstadt und dem Stadthafen sehen.
Bild 1.3: Hanse-Sail im Rostocker Stadthafen
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Im Vergleich zur Innenstadt war hier richtig viel Betrieb, mit Rummel und etlichen Karussells für jede Altersgruppe. Dazu eine nicht überschaubare Anzahl von Buden in denen nahezu alles verkauft wurde, von Plastetüten, über Kleidung und Souvenirs bis hin zu allen Varianten von Kunst- und sonstigem Handwerk, dazwischen Bierstände, wandernde Wurstverkäufer, Stehtische von Asiaimbiss, Griechen, Italienern und anderen Köchen. Durch dieses Labyrinth schob sich in beiden Richtungen eine dichte Menschenmasse in der wir versuchten mitzuschwimmen, was uns auch wider Erwarten recht gut gelang. Die eigentlichen Hauptakteure der Hanse-Sail, derentwegen der ganze Trubel hier veranstaltet wird, die großen und die kleinen Windjammer fehlten. Die meisten von ihnen waren mit zahlenden Gästen an Bord zu einer Rundfahrt Richtung Warnemünde ausgelaufen. So lagen nur wenige kleinere Segelschiffe an der Pier, von denen einige noch auf der Suche nach Fahrgästen für die nächste kleinere Rundfahrt waren. Dies wurde dementsprechend laut und unter ständig wiederholtem Läuten der Schiffsglocke allen Vorbeilaufenden kundgetan.

Mitten in diesem Gewühle trafen wir von der Spezialradmesse in Germersheim bekannte Gesichter. Der Aquaskipper, ein human-powered Wasserfahrzeug, war hier ausgestellt und wurde später auch im Wasser der Unterwarnow vorgeführt. Es ist schon

Bild 1.4: Der Aquaskipper in voller Fahrt
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beeindruckend, wie dieses Teil durch das Wasser gleitet. Allerdings erfordert es ausreichend Kraft und Ausdauer, um damit nicht unterzugehen. Der Tragflügel erzeugt nur ausreichend Auftrieb, solange er mit einer bestimmten Mindestgeschwindigkeit durch das Wasser gleitet.

Über den kleinen historischen Bauernmarkt, auf dem viele in Kostümen aus der Blütezeit der Hanse hinter den Tischen standen und auch altes Handwerk vorführten, verließen wir die Hanse-Sail. Nach etwas über 10km, die meiste Zeit auf dem Uferweg, erreichten wir das ehemalige ,,Tor zur Welt``, wie der Rostocker Überseehafen auch mal genannt wurde. Heute wird nur noch ein kleiner Teil davon als Fährhafen nach Skandinavien und in die Staaten der ehemaligen Sowjetunion genutzt. Der größte Teil jedoch liegt brach, kaum ein Schiff macht hier noch fest. Dementsprechend wirkt alles recht trostlos und heruntergekommen.

Bild 1.5: Wartende LKW im Rostocker Fährhafen
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Da wir die Angabe auf dem Fährticket, 19:00 Uhr Verladeschluss wörtlich genommen hatten waren wir trotz großer Runde durch das Hafengelände viel zu früh da. Das Einchecken begann zwar schon um fünf, das Verladen dann aber erst um halb acht. Die Fähre war pünktlich um kurz nach sechs Uhr aus Hanko eingetroffen, aber es musste ja erst einmal alles entladen werden. So verbrachten wir viel Zeit mit Warten, das nur einmal durch das aufwändige Anlegemanövers eines von Freizeitkapitänen gesteuerten, ehemaligen Fischkutters aufgelockert wurde. Von der Rückkehr der großen Windjammer haben wir dagegen nicht viel mitbekommen, lediglich ihre Mastspitzen sahen wir hinter den Hafengebäuden und zwischen den anderen, am Pier liegenden, großen Fährschiffen vorbeiziehen. Zum Glück regnete es nicht, auch wenn sich der Himmel immer mehr mit grauen Wolken zuzog.

Unseren ersten Reisetag ließen wir am Abendbrotbuffet mit einem vielseitigen selbst zusammengestellten und gutschmeckenden Mahl ausklingen.

Peter Schaefer 2008-02-06