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Nach dem ich schon einiges über die Spezialradmesse gehört und gelesen hatte,
stand mein Entschluss fest dieses Jahr einen Tag nach Germersheim zu fahren. Die
Veranstaltung findet in der Stadthalle statt, in der die meisten deutschen und auch einige
ausländische Spezialradhersteller mit ihren Ständen vertreten waren. Außerdem
bestand auf dem Hof der angrenzenden Schule die Möglichkeit viele der ausgestellten
Räder auch ausgiebig zu testen. Darüberhinaus gab eine ganze Reihe interessanter Dinge
nicht nur zum Thema Liegerad und dank meiner fleißig photographierenden Tochter ist einiges davon
auch auf dem Film festhalten worden . Im folgenden eine subjektiv gefärbte Auswahl der entstandenen
Bilder mit ebenso subjektiven Kommentaren.
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Das Kettwiesel-Dreirad bietet die Möglichkeit, beliebig viele Räder als eine Art Zug miteinander
zuverbinden. Vor der Halle war ein solches Trio in Aktion zu sehen. Es diente als Shuttle um Besucher vom
nahegelegenen Bahnhof abzuholen bzw hinzubringen. Jeder Mitfahrer kann seinen eigenen Beitrag zum
Vorwärtskommen leisten, unabhängig von den anderen.
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Auf dem Testparcour nutzte ich die Gelegenheit ausgiebig, die verschiedensten Räder auszuprobieren.
Das Hurricane von Challenge ist mit 35cm Sitzhöhe noch kein extremer Tieflieger. Der Klapplenker ist
etwas gewöhnungsbedürftig, fährt sich aber nicht schlecht. Das Rad war für mich, wie auf dem Foto zu
sehen ist, nur viel zu lang eingestellt. Ein Problem, das bei vielen Modellen bestand und das oftmals nur
mit viel Aufwand behebbar war. Was dem Hurricane fehlt ist eine Federung des Vorderrades. Da die Beine sich
neben dem Gabelkopf bewegen ist eine normale Teleskopgabel hier ungeeignet.
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Das gleiche Rad in der Austellungshalle, mit kleinem Heckkoffer, der von seiner Größe aber nur
ausreicht das Gepäck für eine Tagestour aufzunehmen Ein Manko der Hurricane, das aus dem sehr
kompakten Design resultiert, ist die eingeschränkte Möglichkeit zur Unterbringung von Gepäck. Für
größere Touren sind speziell geschnittenen Taschen , die unter dem Sitz befestigt werden, die
einzige Möglichkeit die Ausrüstung zu verstauen. Das Hurricane nicht gerade ein Reiserad.
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Ein auch zum Reisen geeignetes Alltagsrad ist das Toxy von Quantum. Von diesem Rad waren gleich
mehrere verschiedene Varianten auf der Testrunde unterwegs. Dieses Rad entsprach von seiner Geometrie sehr den
eigenen Entwürfen für mein nächstes Selbstbauprojekt eines vollgefederten nicht zu hohen kurzen
Liegerades das sowohl für die alltäglichen Wege als auch zum Tourenfahren über mehrere Tage mit
langen Etappen geeignet sein soll. Die Räder von Quantum gehören zu den wenigen, die auch für kleinere Fahrer
mit nicht so langen Beinen recht gut zu fahren sind. In der Halle war sogar eine Kinderradversion mit sehr
kurzem Rahmen ausgestellt. Hier probiere ich gerade die Variante des Toxy mit Obenlenker aus, zu dessen Kauf
ich mich wenige Wochen nach Germersheim entschloss
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Der große Heckkoffer hat ein ganz beachtliches Fassungsvermögen und kann damit viel Reisegepäck
aufnehmen und vor dem Einfluss von Wind und Wetter zuverlässig schützen. Durch seine Form
ist er aerodynamisch günstiger als am Gepäckträger befestigte Packtaschen. Nachteilig
ist der höhere Schwerpunkt und die geringere Tragfähigkeit die vorallem durch die Befestigung
bzw Abstützung begrenzt wird. Der Heckkoffer ist, wenn ich das richtig gesehen habe, mit 4 Schrauben
direkt am Sitz befestigt und hat keine weiteren Abstützungen am Rahmen. Dadurch lässt er sich
aber andererseits relativ einfach an- und abbauen.
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Eines der Räder von Quantum auf der Teststrecke war an Stelle der sonst üblichen Federgabel mit einer
geschobenen Schwinge ausgestattet. Insbesondere das Bremsverhalten war deutlich anders, hebt sich doch
beim starken Bremsen das Vorderteil des Rades an, anstelle wie von der Federgabel gewohnt, einzutauchen.
Durch entsprechende Dimensionierung ist bei dieser Art der Vorderradfederung auch ein vollkommen neutrales
Bremsverhalten erzielbar. Zur Beurteilung der Wirksamkeit dieser Federung war die Runde auf dem Schulhof
aber zu eben. Trotz mehrerer Runden lässt sich nur wenig sagen ob dies eine gute Alternative zu den
ansonsten verbauten Federgabeln sein kann.
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Hier das gleiche noch einmal von vorne. Dies ist eine für Tieflieger vielleicht gar nicht so uninteressante
Variante, da sie im oberen Bereich deutlich schmaler als eine Teleskopgabel ausfällt. Von der mechanischen
Ausführung sieht alles aber noch sehr nach einem ersten Experimentierstadium aus.
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Wie viele andere Liegeradhersteller zeigte auch Quantum einen Tiefliegerentwurf, das Toxy ZR.
Eine einseitig aufgehängte Hinterradschwinge, und Vorderradantrieb ähnlich dem ZOX20
sind die Merkmale dieses Rades. Moderne Schaltungsketten vertragen die beim Lenken im normalen
Fahrbetrieb auftretende Verdrehung der Kette zwischen Umlenkrolle und Ritzel problemlos.
Bedingt durch den gewählten Antrieb muss das Rad auf eine vordere Federung verzichten. Bisher gibt
es keinen befriedigenden Lösungsvorschlag für eine funktionierende Federung eines gelenkten
und angetriebenen Vorderrades.
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Der vollgefederte Tieflieger von Nöll ist mit 28 cm Sitzhöhe sicherlich auch noch ein echter Tieflieger.
Der Antrieb erfolgt, wie bei den meisten anderen Tiefliegern auch, konventionell auf das 26-Zoll große
Hinterrad. Soweit ich es gesehen hatte, war es der einzige vollgefederte kommerzielle Tieflieger, der auf
dieser Messe in Germersheim ausgestellt wurde.
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Das Rad ist vorne mit einer einseitigen, geschobenen Schwinge und Scheibenbremse ausgestattet. Diese
recht aufwändige Lösung spiegelt sich auch im Preis wieder. Das Bremsverhalten sollte der am Toxy
getesteten Version ähnlich sein, nicht Eintauchen sondern Aufstellen, bedingt durch die Übertragung
des Bremsdrehmomentes auf die Schwinge. Die Hebelverhältnisse sind aber anders. Ein Testen dieses
Rades außerhalb der Halle war leider nicht möglich, so dass ich nichts zum Bremsverhalten
aus eigenem Erleben sagen kann.
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Die Ansicht von vorne zeigt, wie schmal diese Gabel im Bereich des Gabelkopfes ist. Eine Voraussetzung für
den Einsatz in einem Tieflieger. Eine ähnliche schmale Bauweise ist sonst nur mit Head-Shock Elementen
möglich. Vom Preis her gibt es zwischen beiden Möglichkeiten keinen Unterschied.
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Auch das Tester von Challenge ist mit 26cm Sitzhöhe und seinem großen Hinterrad - ebenfalls 26" -
ein echter allerdings komplett ungefederter Tieflieger. Im Hintergrund die 26" Variante des Hurricane,
dann unter dem Namen Distance. Mit 61cm Sitzhöhe macht es seinem Namen alle Ehre. Im Gegensatz zu den
anderen Rädern von Challenge wirkte es für mich irgendwie unproportioniert - wie ein zu groß geratenes
Kinderrad.
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Das Tripendo ist wohl eines der teuersten unverkleideten Dreiräder auf der Welt. Zusätzlich
zum üblichen Lenker gibt es noch einen zweiten Hebel, mit dem die Neigung der Räder zum
Rahmen verändert werden kann. Damit kann der Fahrer sich mit dem ganzen Rad in die Kurve legen.
Von den Vorteilen dieser Neigetechnik konnte ich mich nicht selbst überzeugen, da das Rad bei
seinem Erscheinen auf der Teststrecke sofort dicht umlagert war. Ob sich dieses Interesse auch
irgendwann in der Zahl der verkauften Modelle wiederspiegelt, mag ich nicht einzuschätzen.
Hinzu kommt, dass trotz der Verwendung von Carbon für den Rahmen, dieses unverkleidete Dreirad
unverhältnismäßig schwer ist, schwerer als manches vollverkleidete Trike.
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Reiner versuchte sich auch im Probefahren auf einem der wohl ungewöhnlichsten Räder, dem Kalle Hecklenker.
Bei diesem Rad wird das kleine Hinterrad durch zwei Hebel gelenkt, während der Sitz fest mit dem
angetriebenen Vorderrad verbunden ist. Ähnlich wie bei den Knicklenkern, z.B. dem Flevo-Bike muss
das Fahrradfahren auf diesem Rad neu gelernt werden. Es gelang Reiner nicht, eine längere Strecke auf dem
Rad zurückzulegen, obwohl oder gerade weil er Flevo-geschädigt ist. Hinzu kommt, dass Hecklenker im
Unterschied zur Vorderradlenkung in keinem Geschwindigkeitsbereich eigenstabil sind.
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Das Birdy-Faltrad von Riese und Müller. Für eine Rad mit verhältnismäßig kleinen Rädern
fährt es sich ganz gut und stellt eines der ausgereiftesten Faltradvarianten dar. Auch für
längere Touren ist es eine gute Lösung, wenn für An- oder Abreise das kleine Packmaß
notwendig ist gibt es. Leider gibt es für dieses Rad noch keinen Umbausatz zum Liegerad. Ein solcher wurde
aber für das Brompton Faltrad vorgestellt.
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Das Brompton-Faltrad und der Liegerad-Umbausatz waren sowohl in der Halle zu bewundern als auch auf der
Teststrecke zum Probefahren ausgestellt. Ich selber kenne das zum Liegerad umgebaute Brompton von mehreren längeren
Fahrten durch Hamburg und Umgebung und bin über das angenehme Fahrverhalten immer wieder überrascht.
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Ein besonderes Schmuckstück war dieses Hochrad. Man beachte die Anordnung der Karbidlampe direkt unterhalb
der Nabe. Leider ist dieses interessante Detail auf dem Bild nicht so gut zu erkennen.
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