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Die 8.Deutsche Spezialradmesse fand dieses Jahr am 26. und 27. April wieder in der Stadthalle
in Germersheim statt. Das letzte Wochenende im April ist nun so eine Art fester Termin für
die Spezi geworden. Die Zahl der Aussteller ist im Vergleich zum Vorjahr unverändert geblieben.
Das Ausstellerverzeichnis im Messekatalog enthält in diesem Jahr 62 Eintragungen. Zum ersten Mal
wurde die Messe in drei Ausstellungshallen präsentiert, so dass für die einzelnen
Aussteller teilweise deutlich mehr Ausstellungsfläche zur Verfügung stand. Wie in den
Jahren zuvor war ich an beiden Tagen mit der Digitalkamera unterwegs um nach Neuigkeiten Ausschau
zu halten. Die getroffene Auswahl ist, wie in den vergangenen Jahren auch, subjektiv gefärbt
und die Kommentare spiegeln meine eigene, subjektive Sicht wieder. Neben den Neuigkeiten der
kommerziellen Aussteller gab es auch vor der Messehalle
wieder einige interessante Eigenbauten und
Detaillösungen zu bewundern. Wie auf den anderen Seiten können die Bilder durch anklicken
vergrößert werden. Aber Vorsicht es sind dann jeweils gleich 100kB und mehr, die geladen werden.
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Nach dem im letzten Jahr zwei kommerzielle Hersteller an dem vom HPV organisierten Faltliegeradwettbewerb
teilgenommen hatten, war dieses Jahr ein weiterer Hersteller mit einem faltbaren Liegerad auf der Messe
vertreten. Bike Friday, bisher für seine faltbaren Reise- und Rennräder - inklusive Tandem -
bekannt, hat seine Modellpalette um ein Liegerad erweitert, das sich in relativ kurzer Zeit zu einem
tragbaren Paket falten lässt. Dieses Paket wird durch Packriemen zusammengehalten.
Wird das Rad noch weiter demontiert, passt es mit viel Geschick in
einen Hartschalenkoffer, der mit zwei Rädern und einer Zugdeichsel versehen, die ebenfalls im Koffer
Platz finden, auch als Anhänger genutzt werden kann. Der Umbau von Fahrrad mit Anhänger zum
unauffälligen Reisegepäck und zurück erfordert aber etwas Zeit, Geduld und Geschick, so
dass ich in diesem Fall eher von einem Montage- als von einem Faltrad sprechen würde. Verglichen
mit den anderen Rädern von Bike Friday, ergibt sich der wesentlich höhere Montageaufwand durch
mehr Gelenke und Teile.
In der Detailaufnahme sieht man noch einmal das Gelenk des Tretlagerauslegers, der zum Falten nach
hinten geklappt wird, nachdem zuvor der Sitz und der obere Teil des Lenkers abgebaut wurde. Das
Trägerrohr, auf dem der Sitz befestigt wird, ist um die gleiche Achse drehbar. Die vordere Kette wird
beim Falten durch zwei Haken, einer am Tretlagerausleger und einer am Rahmenrohr, aufgefangen und fixiert.
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Am ATL-Falter von Radnabel, dem Sieger des letztjährigen Faltliegeradwettbewerbes, ist ein wesentlicher
Schwachpunkt beseitigt worden. Im letzten Jahr musste die Kette beim Falten noch mit der Hand abgenommen
werden und hing dann mehr oder weniger fixiert in der Luft. Beim Entfalten war wieder der Einsatz der
Hä,nde notwendig um die Kette an ihren vorgesehen Platz aufzulegen. Nur bei einem Vorführrad
mit nagelneuer,unbenutzter Kette bleiben da die Hände sauber. Jetzt verläuft die Kette
vollständig in Kettenschutzrohren, die an den Gelenkstellen geteilt sind. Dieses Konzept, das auch
von Utopia an einigen Modell angewendet wird, erfordert den Einsatz einer Nabenschaltung, hier einer
Rohloff. Wie stark der Verschleiß der Kettenschutzrohre an den Trennstellen ist, wird sich beim
praktischen Fahrbetrieb erst noch zeigen müssen. Beide Stellen liegen im Bereich des
Schwingengelenkes, sind hier mehr oder weniger fixiert, sodass durch die Rohre hier die
Kettenrichtung geändert wird. Als Folge tritt genau an diesen Stellen erhöhter
Verschleiß auf.
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Thorax hat seine Dreiradpalette um ein weiteres Modell erweitert. Auch wenn im Messekatalog versucht
wird, einen sportlichen Eindruck zu vermitteln, dürfte das Rad eher für Einsatzbereiche geeignet
sein, bei denen Aerodynamik, nahezu senkrechte Sitzposition, optimale Kraftübertragung, das
Zugtrum wird mit einer relativ kleinen Rolle um fast 90 Grad umgelenkt als Schaltung ist eine
7-Gang-Nabe eingesetzt, und Gewicht von untergeordneter Bedeutung sind. Ein interessantes Detail ist
die Kombination der S7 mit einem Rohloff-Kettenspanner. Mit dem niedrigen sehr bequemen Durchstieg, der
moderaten Sitzhöhe und dem bequemen, gut erreichbaren Lenker, der fast wie in einem PKW angeordnet
ist, ist dieses Dreirad vor allem auf die Bedürfnisse von Senioren zugeschnitten. Durch die
Möglichkeit, eine große Packtasche leicht zugänglich hinten am Sitz zu befestigen und
durch die beiden Gepäcktaschen links und rechts vom Sitz ist diese Rad auch für Touren geeignet.
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Es geht noch ein Stückchen tiefer. Nach dem Standardmodell des Toxy und dem Toxy-LT war
nun in diesem Jahr ein neuer Prototyp, das Toxy-TT, auf der Messe zu bewundern. Durch eine noch
stärkere Biegung des Rahmen und ein kürzeres Federelement konnte die Sitzhöhe dieses
Kurzliegers um einige weitere Zentimeter abgesenkt werden. Verglichen mit dem Toxy ZR immer noch sehr
hoch, aber das ZR gehört auch zu einer ganz anderen Klasse, ist ein echter Tieflieger. Die noch
niedrigere Sitzposition macht die Verwendung einer Umlenkrolle im Zugtrum nun zwingend notwendig.
Schon beim klassischen Toxy führt die Nutzung des Kettenschutzrohres zur geringfügigen Umlenkung
der Kette in der Nähe des Schwingendrehpunktes zu einem merklich höherem Verschleiß. Durch
die Umlenkrolle geht allerdings nun auf der rechten Seite der Platz für eine Trinkflasche verloren.
Interessant ist auch die Befestigung des Untenlenkers an den beiden Gabelstandrohren gelöst.
Leider war der ausgestellte Prototyp noch nicht soweit fertig, dass eine Probefahrt möglich
gewesen wäre. Mit seiner Geometrie erinnert das Rad sehr an das 'Hurricane' von Challenge, zum
Fahrverhalten vielleicht nach der nächsten Spezi mehr.
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Als Schwachpunkt des Baron von Optima hatte sich in der Vergangenheit der Steuerrohrknoten
des Rahmens erwiesen. Vor allem bedingt durch die Kettenzugkräfte, verstärkt durch die
Belastungen, die über das Steuerrohr an dieser Stelle in den Rahmen eingeleitet werden, kam es
bei mehreren Rahmen im Bereich diese Knotens zu Rissen in der Nähe der Schweißnähte.
Auch durch zusätzliche aufgesetzte Verstärkungsbleche konnte Optima dieses Problem nicht
befriedigend lösen. Dieses Jahr war eine andere Variante zu sehen. Vor und hinter dem Steuerrohr
war jeweils ein ca 5mm dickes Blech senkrecht in das Rahmenhauptrohr eingesetzt und mit diesem auf der
Ober- und der Unterseite verschweißt. Soweit durch die Zugöffnungen zu erkennen war, sind
die beiden Bleche innerhalb des Rahmenrohres nicht mit dem Steuerrohr verbunden. Nur unterhalb sind
sie dort, wo von außen zugänglich, mit dem Steuerrohr verschweißt. Bei
Biegebeanspruchung des Rahmenhauptrohres kommt es weiterhin zu starken wechselnden Zugbelastungen
im Bereich der oberen Steuerrohrschweißnaht. Zusätzlich erfolgt durch die Zugöffnungen
eine Schwächung des Rohres in der Nähe diese Bereiches. Es hat den Anschein, das hier durch
die realisierte Umsetzung des konstruktiven Grundgedankens viel von der erhofften Wirkung verloren geht.
Wie viel wird die Praxis zeigen müssen.
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Die holländische Firma Dutch Speed Bicycles ist mit dem Ziel angetreten mehr, Liegeräder auf
Straßen und Wege zubringen. Zu diesem Zweck wurde der Bausatz KS2 entwickelt, mit dessen Hilfe
sich ein normales Fahrrad in ein Liegerad umbauen lässt. Allerdings ist dieser Umbau nicht
umkehrbar, da der Rahmen des umzubauenden Rades an zwei Stellen durchgesägt werden muss. Das
Ergebnis ist ein recht hoher, obengelenkter Kurzlieger. Die Ausführung der Hinterradfederung,
Federelement ist eine einzelne Druckfeder, die offensichtlich von einem alten Fahrradsattel stammt,
wirkt nicht sehr vertrauenerweckend. Vom Aussehen hat das Rad etwa den Charme des Hobbythekliegers, nur
das dieser mit einem anderem, wesentlich bescheidenerem Anspruch angetreten ist. Der Preis des Umbausatzes
scheint mir, unter Berücksichtigung, dass zu einem fertigen Rad noch viele Komponenten fehlen,
relativ hoch.
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In diesem Jahr galt meine besondere Aufmerksamkeit den ausgestellten Tandems, insbesondere
den Liegeradtandems. Da ich nicht gerade über besonders lange Beine verfüge spielt für
mich die Sitzhöhe des Captains eine besondere Rolle.
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Bei den meisten der wenigen ausgestellten Liegeradtandems entspricht die Sitzposition eher einem Scooterbike,
relative steile Rückenlehne und zumindest für den Hintermann eine sehr niedrige Tretlagerhöhe.
Beim DoubleDutch von Wiegerwheels aus Holland kommt dazu noch die ungewöhnliche Sitzhöhe von etwa
70cm. Diese resultiert aus dem horizontalen Rahmenrohr auf dem beide Sitze zur Anpassung an die
Beinlänge verschoben werden können.
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Etwas günstiger sind die Verhältnisse beim Tandem von ZOX, bei dem ebenfalls Captain
und Stoker klassisch hintereinander sitzen. Es gibt drei verschiedenen Varianten. Diese
unterscheiden sich im wesentlichen in der Art des Antriebs bzw.
in der verwendeten Hinterradgröße - 20 oder 26 Zoll. Standardmäßig ist ein
Allradantrieb vorgesehen, bei dem die beiden Antrieb vollkommen voneinander entkoppelt sind.
Captain und Stoker haben jeder für sich eine eigene Schaltung, so dass jeder mit seiner
eigenen Trittfrequenz treten kann. In der 26 Zoll Variante wird auch ein klassischer gekoppelter
Antrieb angeboten, der dann nur auf das Hinterrad wirkt. Durch den verglichen mit einem
Standardtandem deutlich größeren Abstand zwischen Stoker und Captain erfordert die
Kommunikation zwischen beiden, die besonders bei getrennten Antrieben noch wichtiger ist,
schon einen etwas kräftigeren Einsatz der Stimme. Bei einer Proberunde auf dem Testparcour
mit einem willkürlich ausgewählten Stoker hatte ich zudem das Gefühl,das das lange
Rahmenrohr sich während der Kurvenfahrt deutlich verwindet und mir damit das Fahrverhalten
recht schwammig erschien. Ein Effekt der sicherlich noch stärker wird, wenn das Tandem mit
Reisegepäck an den Lowridern unterm Sitz des Captains und auf dem Gepäckträger voll
beladen ist.
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Bei diesem Tandemtrike ist die Sitzposition von Captain und Stoker nahezu identisch. Die Anpassung an die
unterschiedliche Beinlänge erfolgt durch verschieben der Tretlager. Da sich damit die benötigten
Kettenlänge ändert, ist ein schneller Platzwechsel zwischen Captain und Stoker nicht immer
möglich. Der im Bild gezeigte Standardgepäckträger, an dem zwei große Packtaschen Platz
finden, kann durch das Expedition-Modell ausgetauscht werden. Dann lassen sich ohne Probleme vier Taschen
und ein oder zwei quergelegte Packsäcke mitnehmen. Auch beim Fahr- und Bremsverhalten hinterließ
das Tandem auf einigen Proberunden auf dem Platz und den Straßen vor der Messehalle, mit Olaf
als Stoker, einen überzeugenden Eindruck. Einziger Wermutstropfen ist der Umstand, daß das Rad
auf Grund seiner Größe sehr sperrig ist, was selbst die Mitnahme in den
verhältnismäßig geräumigen Fahrrad-abteilen, die im Berliner Umland im Regional-verkehr
angeboten werden, nahezu unmöglich macht. Auch die Variante das Rad mittels mehrerer an geeigneter Stelle
eingesetzter Rohr-Kupplungen zerlegbar zu machen, wenn ich den Hersteller richtig verstanden habe passt es dann
in zwei große Hartschalenkoffer, und kann so im Flugzeug mitgenommen werden, ist auf Grund der aufwendigen
Demontage und Montage keine Lösung für eine Sonntags-Radtour aus der Stadt. Dennoch und
obwohl in Australien hergestellt sind schon einige davon auf den hiesigen Straßen anzutreffen.
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Zwischen den Messehallen war ein als Tandem aufgebautes Brox mit Rikschaanhänger als Shuttle unterwegs.
Das Brox ist eigentlich ein vierrädriges Lastenrad. In der Tandemvariante wird die Transportkiste durch
einen zweiten Sitz ersetzt und eine zusätzliche Kurbelgarnitur montiert, sodass der Mitfahrer seinen
Anteil leisten kann. Da die Verwendung eines Nabendynamos bei vier einseitig aufgehängten Rädern
eigentlich nicht möglich ist, wurde f¨r dessen Antrieb eine eigene Kette verwendet. Das Ritzel ist
mit Kabelbindern, die durch die Speichenlöcher gefädelt sind, am Nabenflansch befestigt. Eleganter
aber auch weitaus aufwendiger wäre die Verwendung eines Adapters zur Befestigung auf der
Scheibenbremsaufnahme des SON. Allerdings müsste dazu die antreibende Kette auf der linken Seite verlaufen,
damit die Drehrichtung stimmt. Das verwendete, relativ
große Ritzel in Verbindung mit dem kleinen Kettenblatt
bewirkt nur eine niedrige Drehzahl und damit eine niedrige
abnehmbare elektrische Leistung. Mit einem 20 Zoll SON,
einem deutlich kleinerem Ritzel und größerem Kettenblatt sind sicherlich 12V bei 6W möglich.
Interessant ist auch die Verwendung einer Rohloff-Nabe als Zwischengetriebe. Das Abtreibende Kettenblatt ist
auf die Scheibenbremsaufnahme aufgeschraubt.
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Im Unterschied zu den klassischen Tandems sitzen beim Duotrike beide Fahrer nebeneinander. Damit sollte die
Kommunikation während der Fahrt immer problemlos möglich sein. Der Hauptnachteil diese Konzeptes
ist die sich ergebende relativ große Breite des Fahrzeuges, das eigentlich nur auf der Fahrbahn gefahren
werden kann. Schon ein einzelner Poller kann zu einem schwer zu überwindendem Hindernis werden. Durch die
aufrechte Sitzposition wird die Stirnfläche noch weiter vergrößert. Das Rad ist auch
nicht für zügigeres Fahren konzipiert, die großen Hinterräder können keine sehr
großen Seitenführungskräfte aufnehmen. Gepäck kann vor allem in dem Korb zwischen
bzw. unter den Sitzen verstaut werden. Ob auch hinter den Sitzen noch eine größere Tasche
befestigt werden kann war nicht zu erkennen. Die Sitze sind besonders bequem, man kommt leicht mit den
Rahmenrohren in Berührung. Ob es für dieses Tandem, das sich wohl am ehesten für eine
gemütliche Sonntagnachmittag ausfahrt eignet, eine Zielgruppe gibt ?
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Das Rad zeichnet sich aber durch einige bemerkenswerte Detaillösungen aus. So hat jeder der beide
Mitfahrer eine eigene Schaltung und treibt ein Hinterrad an. Das ein solcher unter Umständen
asymmetrischer Antrieb funktioniert zeigen die einseitig angetrieben Trikes von Hase. Die verwendete
Sachs-Nabenschaltung dient dabei als Zwischengetriebe. Dies erlaubt ein relativ einfache Lösung für
Antrieb und Lagerung der Hinterräder und die Verwendung von Scheibenbremsen.
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Die Lenkung des kleineren Vorderrades erfolgt über einen Hebel und eine Lenkwelle. Die Lenkbewegung wird
mittels Kegelradgetriebe auf den Gabelschaft übertragen. Inwieweit diese Art der Lenkkraftübertragung
ausreichend spielfrei ist und ein sicheres Beherrschen ermöglicht, sei dahingestellt, durch die mittige
Anordnung des senkrecht stehenden Lenkhebels können sich beide Fahrer selbst während der Fahrt
problemlos beim Lenken abwechseln.
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