Der Tag fing nicht sonderlich gut an. Kurz hinterm Ortsausgang von Hadsund, wir hatten gerade die Klappbrücke über den Marianger Fjord hinter uns gelassen, war plötzlich ein periodisches Klopfen an dem einen Hinterrad zu vernehmen, das uns veranlasste sofort anzuhalten und nach der Ursache zu forschen. Ein dicker Schraubenkopf, der auf dem einen Reifen zu sehen war, erzeugte dieses Geräusch beim Anschlagen an das Schutzblech. Die dazugehörige Schraube war gut 4 cm lang und hatte den Pannenschutzreifen glatt durchbohrt ohne das dieser Luft verlor. Damit war erst einmal Schlauchwechseln angesagt bevor es weiter gehen konnte.
Die Strecke die wir uns ausgesucht hatten folgte nur in einigen Abschnitten der Ostseeküstenroute, zu abenteuerlich schienen uns die Wegbeschreibungen, die wir gelesen hatten. Statt dessen suchten wir uns ruhige Nebenstraßen einige Kilometer im Hinterland der Küste aus. Wir fuhren durch eine recht abwechslungsreiche, leicht hügelige Landschaft, vorbei an großen Getreidefeldern, etliche davon schon abgeerntet, vorbei an kleinen Wälder und immer wieder durch winzige Dörfer. Stellenweise wurden wir an unsere Finnlandreise vor zwei Jahren erinnert, nur das hier alles viel schneller wechselte.
Bei Udbyhøj überquerten wir den Randers Fjord. Auf die Fähre mussten wir nicht lange warten, pendelte sie doch zwischen den beiden nicht sehr weit auseinander liegenden Ufern permanent hin und her.
In Bonnerup, einem etwas größeren Badeort direkt an der Ostseeküste, fand zur Zeit ein Jazzfestival statt. Auch wenn keine großen Plakate dafür Werbung machten, fanden sich an fast jedem der unzähligen Cafés und Restaurants eine An"-kün"-di"-gung, wer hier an den nächsten Abenden spielt. Jetzt am frühen Nachmittag herrschte noch relative Ruhe, nur hier und dort waren schon einige Jazzklänge zu hören und in den Gaststuben saßen nur ein paar Gäste. Auch am Hafen waren wenige Einheimische und nicht sehr viele Touristen unterwegs. Erst am Abend wird es wohl deutlich voller werden. Schade, das wir von diesem Ereignis nicht eher erfahren haben, vielleicht wäre dann Bonnerup unser heutiges Etappenziel geworden. Wer mit Zelt unterwegs ist, kann in solchen Fällen wesentlich flexibler sein.
Schon einige Kilometer vorher, im Hof von Schloss Mejlgård, waren uns Vorbereitungen zu einer größeren Veranstaltung aufgefallen. Das Schloss beherbergt den Mejlgård Slotskro, in erster Linie ein vornehmes Restaurant. Ob hier, wie in vielen anderen Kro's auch einige Zimmer vermietet werden, war von außen nicht zu erkennen. Uns hätte nur mal interessiert, was ein Abendbrot in einem dänischen Kro wirklich kostet. In den Reiseführen gibt es nur die vage Andeutung, dass es meist nicht sehr günstig sei. Auch hier fanden wir keinen konkreten Hinweis auf das Angebot und das Preisniveau. Der Schlosshof ist hier öffentlich zugänglich und wir nutzten diese Gelegenheit. Auf dem Hof standen mehrere große
LKW's zum Entladen und es sah so aus, als wolle man eine große Bühne aufbauen. Eine Batterie Dixie-Toiletten war schon etwas abseits postiert worden. Was hier am Wochenende genau veranstaltet wird, war im Moment noch nicht zu erkennen. Ansonsten wirkte der Anblick, der sich nach dem Durchfahren des großen Tors bot, nicht sonderlich spektakulär, im wesentlichen ein großer geschotterter Platz, jetzt als Parkplatz benutzt, umstanden von einigen stattlichen Bäumen und gegenüber das weiß gestrichene Haupthaus, vor dem ein einziger großer Gartentisch und ein zugeklappter Sonnenschirm auf Gäste warteten.Bemerkenswert an Schloss Mejlgård ist noch die schöne Turmuhr, die Bertram Larsen 1921 erbaut hatte. Bei einem großen Brand war sie 2003 stark beschädigt worden. Heute erstrahlt sie nach einer umfangreichen Restaurierung wieder in alter Schönheit.
Auch das nächste stattlich Schloss bei Sostrup scheint für die Öf"-fent"-lich"-keit zu"-gäng"-lich zu sein. Seit 1945 sind die Gebäude, deren Ursprung auf Anfang des 17. Jahrhunderts zurückgeht, in Besitz des Dänischen Staates . Nach einer umfangreichen Restaurierung wird es heute als Konferenz- und Schulungszentrum genutzt. So findet hier im Juli 2008 die 10. Sostrup Sommer Schule QUANTUM CHEMISTRY and MOLECULAR PROPERTIES statt. Die Gebäude können nur auf einer vorher vereinbarten Führung besichtigt werden.
Der Radweg 5 verläuft mitten durch den Schlosspark. Allerdings ist eine Markierung nur für diejenigen, die vom Süden kommen, vorhanden. Auch wenn uns keine Schilder Privat an der Weiterfahrt hinderten, trauten wir, von Norden kommend, uns nicht, durch das kleine Tor auf den Hof zu fahren, es sah alles sehr privat aus. Stattdessen zogen wir es vor auf der Straße in einem Bogen die weiträumige Anlage, zu der auch ein kleiner See gehört, zu umfahren. Erst auf der anderen Seite wurde uns klar, dass dies hier nicht nötig gewesen wäre. Jetzt verstanden wir auch, warum neben der Kopfsteinpflasterzufahrt zwei Spuren mit schön glatten Steinen befestigt waren. Dank der fehlenden Ausschilderung hatten wir den kleinen Ort Gjerrild kennengelernt.
Am frühen Abend erreichten wir dann Grenaa, genauer gesagt das Hafenviertel der Stadt. Täglich fahren die Fähren der Stena Line nach Varberg in Schweden. Erst hier verlässt die Nordsea-Cycle-Route nach Auffassung ihrer Macher Dänemark in Richtung der schwedischen Küste des Kattegat. Sie ist in diesem Bereich aber eher eine Eastsea-Cycle-Route.
Nachdem wir unser Zimmer in der Jugendherberge bezogen hatten, kehrten wir dem dort herrschenden Trubel, der von mehreren Jugendgruppen veranstaltet wurde, den Rücken und machten uns auf die Suche nach einem kleinen Restaurant im Stadtzentrum. Es war schon relativ spät, die Geschäfte hatten bis auf die Supermärkte alle inzwischen geschlossen. Nach einer Runde durch die verwaiste Fußgängerzone fanden wir an der Straße zum Hafen eine kleine Pizzeria, in der wir unseren Hunger mit einer großen Pizza stillen konnten.
schaefer 2008-12-07