Sa. 21.7. Rønde - Enner

106,1km
Über Nacht hatte sich das Wetter wieder einmal grundlegend umgestellt. Allen Wetterregeln zum Trotz, gestern Abend versprach ein kräftiges Abendrot einen schönen folgenden Tag, war der Himmel heute morgen gleichmäßig grau und ein feiner aber durchdringender Landregen fiel aus diesen Wolken. Als wir, in voller Regenmontur gehüllt, abfuhren, war keine Besserung zu erkennen.

Der Radweg 5 scheint Rønde zu meiden. Er verläuft als geschotterter Weg auf einer eigenen Trasse immer am Ortsrand entlang und meidet dabei die in geringem Abstand fast parallel verlaufenden kleinen Straßen zwischen den Einfamilienhäusern. Erst am Ortsausgang trifft er auf eine kleine Landstraße, der er die nächsten Kilometer folgt. In der Beschreibung des Radweges von Hans-Jürgen Fründt wird der Ort Rønde überhaupt nicht erwähnt.

Bild 1.63: Århus ist erreicht
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...7_21_1}
%% 07_21/204-0435_IMG.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}
Kurz vor Løgten trafen wir die zwei Radler wieder, die vor uns die Jugendherberge verlassen hatten. Sie beratschlagten an Hand ihrer Karte über den weiteren Weg. Die Radroute biegt hier wieder auf einen unbefestigten Waldweg ab. Wir überlegten nicht lange und blieben auf der Straße. Ab Løgten verläuft ein Straßenbegleitender Radweg bis in die Vororte von Århus. Mag sein das der originale Streckenverlauf immer dicht an der Küste, zum Teil auf dem Deich landschaftlich schöner ist, uns stand aber bei dem regnerischen Wetter der Sinn nicht nach rustikalen Wegen.

Nur an einer Autobahnbaustelle haben wir uns etwas verfranzt. Die Radwege und Brücken waren alle gerade fertig geworden und schon zur Benutzung freigegeben, allerdings noch nicht ausgeschildert. Hier half auch keine Karte weiter. Die Auskunft, die wir von zwei entgegenkommenden Radfahrern erhielten, stellte sich als trügerisch heraus, leitete sie uns doch auf den nur noch als Grundstückszufahrt genutzten Rest der alten Straße. So standen wir in einer Sackgasse. Nach einigem hin und her fahren fanden wir schließlich eine Zufahrt auf den Radweg an der Straße nach Århus, die wir erst in den Vororten wieder verließen. Mittlerweilen hatte der Regen aufgehört und die Sonne versuchte noch ganz zögerlich die letzten Wolken aufzulösen. Erst jetzt lohnte es sich, den Fotoapparat zu benutzen.

Bild 1.64: Jazz in der Fußgängerzone in Århus
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...7_21_2}
%% 07_21/204-0440_IMG.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}
In Århus findet im Moment das Århus International Jazz Festival statt. Dieses Festival präsentiert neben bekannten internationalen Stars auch viele junge Talente. Während dieser acht Tage wird das Leben überall in der Stadt vom Jazz bestimmt. Auf einer Bühne in der Fußgängerzone im Stadtzentrum spielte jetzt um die Mittagszeit ein Jugendtrio freie Improvisationen vor einem interessiert zuhörenden, meist jungem Publikum. Auch wir verweilten hier einen Moment, bevor wir unsere kleine Besichtigungsrunde durch das Zentrum und seine Fußgängerzone fortsetzten und dabei einmal den Dom umrundeten. Auch hier klang Jazz aus einem Zelt direkt neben dem Stadttheater.

Das auffälligste an der Stadt waren aber die unzähligen Fahrräder, die überall vor den Geschäften und Häusern geparkt sind. Für die zweitgrößte Stadt Dänemarks fanden wir das sehr erstaunlich. Mag sein, dass das daran liegt, dass hier sehr viele junge Leute wohnen, dass ein Zehntel der Einwohner Studenten sind.

Durch kleine Nebenstraßen verließen wir Århus wieder, wohl wissend, das wir vieles, was Århus zu bieten hat, nicht gesehen haben. In der Skolegaden reiht sich ein Fachwerkhaus an das andere. Sie zeugen ebenso wie der Dom von einer langen Stadtgeschichte.

Bild 1.65: Fachwerkhäuser in der Skolegade in Århus
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...7_21_3}
%% 07_21/204-0447_IMG.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}

Von Århus bis fast kurz vor Enner fuhren wir auf kleinen Straßen relativ dicht an der Küste entlang. In Moesgård steuerten wir das Prähistorische Museum an, in dem interessante Ausstellungen zum Leben der Steinzeitmenschen in dieser Region sowie Exponate aus der Zeit der Wikinger gezeigt werden. Das spektakulärste Ausstellungsstück ist eine etwa 2000 Jahre alte Moorleiche, die hier in der Gegend gefunden wurde.

In Norsminde war noch einmal Pause. Bei einer Fischräucherei am Hafen holten wir uns eine große Portion um sie kalt zum Abendbrot zu essen. Da wir heute Abend in einer Privatpension auf einem Bauernhof abseits jeder größeren Ortschaft übernachten, schien uns dies der einfachste Weg zu sein, zu einem schmackhaften Abendmahl zu kommen. Vor einigen Tagen hatte irgendwo unterwegs plötzlich das Handy geklingelt. Unser heutiger Gastgeber wollte sich vergewissern, ob wir wirklich wie per Internet gebucht, anreisen würden - es gäbe da ein Problem, sie seien nicht zu Hause, nur der Sohn und der Arbeiter wären auf dem Hof, aber es würde alles vorbereitet und der Kühlschrank mit den Utensilien für das Frühstück gefüllt.

Bild 1.66: Blick über den Norsminde Fjord
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...7_21_4}
%% 07_21/204-0450_IMG.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}
Der Hafen liegt direkt am Ausgang des Norsminde Fjord. Dieser ist ein Minifjord. Gerade einmal 5km reicht er ins Land und ist im Mittel nur sechzig Zentimeter tief. Er dürfte damit zu den kleinsten Fjorden Dänemarks gehören und hat auf Grund der geringen Wassertiefe und des hohen Nährstoffeintrags aus der umliegenden Landwirtschaft große Probleme mit dem Algenwachstum.

Bei Søvind verließen wir die Ostseeküstenroute, bevor diese wieder als grob gekiester Weg weiterging. Stattdessen blieben wir auf dem Radweg an der Straße 451, die direkt und nicht in einem großen Bogen nach Haldrup führt. Ab hier wollten wir so und so auf der regionalen Radroute 51 am Stadtrand von Horsens entlangfahren. Auf kleinen Landwirtschaftsstraßen, zwischen noch nicht abgeernteter oder frisch gepflügter Feldern, über denen Schwärme von Möwen kreisten und sich lauthals um die frisch zu Tage geförderten Würmer und Larven stritten, gelangten wir zu den ersten Häusern der Stadt.

Das letzte Stück von Horsens bis nach Enner bot alles was trassierte Radwege bieten können. Einem kilometerlangen Abschnitt der regionalen Radroute 31 auf einer alten Bahntrasse, gut asphaltiert, folgte nach der Autobahnunterführung ein Waldweg, später ein kaum genutzter Feldweg. Nur die gelegentlichen Schilder Radweg - Knallert verbudt zeigten an, das wir den Weg nicht verloren hatten.

Bild 1.67: Regionale Radroute 31 westlich von Horsens
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...7_21_5}
%% 07_21/204-0450_IMG.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}

Schließlich erreichten wir den Hof in Enner. Außer den Kühen im Stall und der Hofkatze war keiner zu sehen. Aber in der Tür zur Ferienwohnung, deren eines Zimmer wir gemietet hatten, steckte der Schlüssel und der Kühlschrank in der dazugehörigen Küche war sehr reichlich gefüllt. Auf dem Tisch lag ein Zettel, auf dem wir herzlich begrüßt wurden. Zum Bezahlen sollten wir einfach das Geld auf den Tisch legen. Später trafen wir dann auch noch den Sohn der Gastgeberfamilie, etwa Oberschulalter, der uns einen Platz zum Abstellen unseres Rades zeigte.

schaefer 2008-12-07