Mo. 22.9. Livorno - Zürich

Kurz vor halb sieben in der Frühe, die Fähre war etwas vor der Zeit im Hafen von Livorno eingelaufen, standen wir wieder auf dem italienischen Festland. Bis zur Abfahrt des Zuges blieben uns noch knapp fünf Stunden Zeit für eine Kurzbesichtigung Livornos. Vorher mussten wir uns aber erst um die noch fehlende internationalen Fahrradfahrkarten kümmern. Laut Auskunft der deutschen Bahn können diese nur in dem Land erworben werden, in dem die Fahrt beginnt. Am Bahnhof herrschte reger Berufsverkehr und vor den Fahrkartenschaltern gab es schon eine lange Warteschlange. Mit unserem Ansinnen hatten wir
Bild 1.109: Das Zolltor Porta San Marco in Livorno
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allerdings keinen Erfolg. Die knappe aber eindeutige Antwort lautete, hier kann man keine ,,Internationale Fahrradkarte`` kaufen. Auch wusste man nicht, wo es diese denn gäbe. So sind wir unverrichteter Dinge wieder zurück ins Stadtzentrum gefahren. Eine gute Gelegenheit für das schon längst überfällige Frühstück bot sich in einem der zahlreichen Straßencafes. Während der letzten Wochen hatten wir uns schon etwas an die spartanische Art italienischen Frühstücks gewöhnt und waren mit einem belegten Brötchen und einem Croissant, sowie einem Glas Saft und einer Tasse Cappuccino zufrieden. Für das hiesige Verständnis ein sehr üppiges Morgenmahl.

So gestärkt, starteten wir unsere Stadtrundfahrt, die uns an die ehemalige Zollmauer der Stadt, die Mura Leopoldine und in das Venezia Nuova genannte Stadtviertel führte. In dessen Zentrum liegt die alte Festungsanlage Fortezza Nuova, die zwischen 1590 und 1600 errichtet wurde. Die äußeren Wassergräben dienen als ausgedehnter Hafen für unzählige kleine Boote. Wie auf Inseln erbaut, wirken die einzelnen Quartiere mit ihren engen Gassen, getrennt voneinander durch ein Labyrinth von Wassergräben rund um die Festungsanlage. Bis auf die massive Außenmauern sind deren Gebäude zerstört oder eingestürzt und zum Großteil eingeebnet. Eine Parkanlage füllt heute den Raum zwischen den noch stehenden Mauern aus. Nur durch

Bild 1.110: Im Stadtviertel Venezia Nuova
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das einzige Festungstor ist diese zu erreichen. Die Ufer der vielen Gräben bilden ein Netz von Fußgängerzonen. Aus einem der Fenster eines gutbürgerlichen Hauses waren Opernarien zu vernehmen. Aber nicht so wie von einer Schallplatte, sondern gelegentlich unterbrochen und dann aufs neue wiederholt, live, wahrscheinlich beim Üben.

Auf dem Rückweg zum Bahnhof kamen wir an der Markthalle vorbei. Nicht nur drinnen, sondern auf allen Straßen und Plätzen davor herrschte reges Treiben. An hunderten von Buden und Ständen wurde nicht nur frisches Obst und Gemüse angeboten. Man hätte hier genauso auch Stoffe und Knöpfe, Werkzeuge und Eisenwaren kaufen können. Schon beim Frühstück waren uns etliche der typischen Lastendreiräder aufgefallen, die, beladen mit frisch geerntetem alle einem Ziel zuzustreben schienen.

Wieder am Bahnhof starteten wir einen zweiten Versuch, zu den noch fehlenden Fahrradkarten zu kommen, diesmal an einem anderen Schalter. Und siehe da, es gab zwar keine Tickets, aber immerhin die Auskunft, dass wir die im Zug kaufen könnten. So luden wir ganz gelassen unsere Räder in den Packwagen des schon seit einiger Zeit bereitstehenden Zuges nach Zürich ein und suchten uns unsere

Bild 1.111: Markttag in Livorno
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reservierten Sitzplätze. Wie schon auf der Hinfahrt vier an der Zahl, zwei für uns und zwei für unsere Fahrräder. Der von uns befragte Schaffner war sich nicht so sicher, ob er uns Fahrradkarten bis Berlin verkaufen kann oder nur bis zum Grenzbahnhof Italien Schweiz. Aber er wollte versuchen, unseren Wunsch seinem tragbaren Fahrkartenverkaufscomputer beizubringen. Und tatsächlich konnten wir dann bei der Fahrkartenkontrolle zwei Tickets für unsere Räder bis Berlin erstehen. Allerdings fehlten diesen der in Deutschland übliche zweite Teil, der laut Bahnvorschrift am Rad befestigt werden muss. Dafür kleben dort jetzt wieder die Hälften der Hinfahrkarten, die wir extra für diesen Zweck aufgehoben hatten.

Mit dem Blick auf das alte Pisa hat es auch diesmal nicht geklappt. War es auf der Hinfahrt schon zu spät am Abend und daher zu dunkel, so versperrte uns heute ein Güterzug auf dem Nachbargleis die Sicht. Nachher werden wir im Speisewagen noch Abendbrot essen, die Plätze sind zu um sechs Uhr reserviert. Das erspart uns nach der Ankunft des Zuges die Suche nach einem geeignetem Restaurant in Zürich. Das Hotel liegt etwas abseits vom Hauptbahnhof und der Wirt hatte uns gebeten, nicht zu spät anzukommen. So können wir uns nach der Ankunft gleich in den Betten verkriechen. Die letzte Nacht war durch das sehr zeitige Wecken um viertel nach fünf recht kurz gewesen und wir hatten auch nicht sonderlich gut geschlafen. Die See war durch den Nordwind recht rau und das merkte man auch bei dem sehr großen Schiff deutlich.

Peter Schaefer 2010-10-21