So. 1.10 Zu den Steineichen bei Terrenzano

38,7km; 795HM
Dicker Nebel hüllte Le Cetina ein, als wir gar nicht so zeitig am Morgen aufbrachen. Zuvor hatten wir ausgiebig gefrühstückt, zusammen mit unseren Gastgebern und den Münchnern, die vor dem Trubel des Oktoberfestes in die Ruhe der toskanischen Landschaft geflüchtet waren. Ursprünglich hatten wir geplant heute nocheinmal Richtung Chianti zu fahren, um den Teilnehmern der Eroica zu begegnen. Jedes
Bild 1.39: Pieve di San Giovanni Battista a Ponte allo Spino
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Jahr am letzten Wochenende im September findet in und um Gaiole ein historisches Radrennen statt, dessen Teilnehmer passend gekleidet auf historischen Rennrädern an den Start gehen. Die Strecke führt überwiegend über die uns schon gut bekannten Schotterpisten bis in die Grete. Neben der Pflege des Andenkens an die gute alte Zeit des Radsports, wo noch jeder Fahrer allein auf sich und seine Mannschaft angewiesen war und es keinen riesigen Tross von Begleitfahrzeugen gab, ist ein Anliegen der Eroica der Erhalt gerade dieser Streckenabschnitte, die mit die typisch toskanische Landschaft prägen.
Bild 1.40: Toskanische Landschaft bei Siena
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Leider war es uns aber nicht gelungen, den genauen diesjährigen Streckenverlauf in Erfahrung zu bringen. Wir kannten nur eine Streckenbeschreibung aus den letzten Jahren mit mehr als 200km Länge. Eine solche Distanz war dieses Jahr gar nicht ausgeschrieben und damit war unklar, ob wir überhaupt ein Chance haben, wenigstens einigen der Teilnehmer zu begegnen. Nach den Erfahrungen der letzten Woche mit den toskanischen Bergen und Schotterstraßen schienen fast 90km Fahrstrecke doch etwas zu aufwändig und wir beschlossen ein anderes Ziel anzusteuern, die Steineichenallee bei Terrenzano, von der wir in einem der Radtourenbücher gelesen hatten. Auf dem Weg dorthin durchquerten wir zuerst den Ort Sovicille, den Namensgeber der Gemeinde, zu der auch Le Cetina gehört. Wir merkten uns die Öffnungszeiten des kleinen Einkaufsladens und erkundigten uns in der Pizzeria, wann man hier bedient wird - alles Informationen, die für die Unternehmungen der nächsten Tage nicht ganz unwichtig sind.

Von Voltebasse bis Costalpino folgten wir nicht der Hauptstraße nach Siena sondern fuhren auf kleinen Nebenstraßen einem Bogen, vorbei an vielen kleinen Ansiedlungen, Weingütern und Villen, viele von ihnen mit sehr markanten Türmen, die an kleine Festungen erinnerten. Hinter Costalpino bogen wir schließlich in die kleine Seitenstraße ein, derentwegen wir aufgebrochen waren. Dort, wo die Hügel steil neben der Straße anstiegen, zeigte sich, dass wir uns hier am nordwestlichen

Bild 1.41: Unter den Steineichen bei Terrenzano
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Rand der Grete befinden, kein Fels sondern fester harter Lehm und Mergel bildet die Steilhänge. Die beiden Eingänge zum Castello Belcaro, an dessen Mauer man ein Stück entlangfährt, wirkten verschlossen. Links und recht der Straße immer öfter große alte Eichen, die ab Terrenzano so dicht an die Straße heranrückten, das ihre Äste über uns ein zusammenhängendes Dach bildeten und wir durch eine Art Tunnel fuhren. An manchen Stellen wurde dieser Eindruck noch verstärkt. Hier stieg der Boden, auf dem die Eichen wuchsen, zu beiden Seiten steil an und wir fuhren neben den herausragenden Wurzeln in einem richtigen überdachten Hohlweg. Leider ist dieser phantastische Abschnitt nur etwas über einen Kilometer lang, lohnte aber die Anfahrt auf alle Fälle.

Auf den Besuch der Einsiedelei San Leonardo al Lago, den wir uns auch vorgenommen hatten verzichteten wir. Beide Anfahrtswege erwiesen sich als reine, steil ansteigende Waldwege, die vielleicht noch mit einem Mountainbike zu bewältigen sind, obwohl sie in der Karte als Radwanderwege markiert sind. Der Turm der Kirche San Leonardo al Lago überragte die Bäume und war so auch von hier unten aus in vieleicht einem halben Kilometer Entfernung gut zu sehen. Der eine der beiden Wege zweigt im Flecken Osteriaccia von der Straße ab. Der kleine Ort besteht eigentlich nur aus einem Gehöft. Auf einer kleinen Informationstafel am Zaun konnten wir einiges zur Geschichte lesen. Hier an dieser Stelle hatte einer der ältesten Gasthöfe gestanden. Diese Gasthöfe mit besonderen Schankrechten wurden Osteriaccia genannt und der hiesige, von dem sonst keine weiteren Spuren erhalten geblieben sind, gab dem Ort seinen Namen.

Bild 1.42: Osteriaccia
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Auf dem Heimweg wollten wir eigentlich noch einmal einkehren. Bis kurz vor dem Abzweig zu unserem Quartier war keinerlei Möglichkeit dazu aufgetaucht. Auch hatten wir keinerlei Hinweis auf ein Restaurant in einem der kleinen Orte etwas abseits der Straße gesehen. So entschieden wir uns dazu, zu versuchen über einen der Wanderwege, der laut Karte zur Villa Cetinale führen sollte, wieder abwärts nach Sovicille zu gelangen, um dort in der ausgekundschafteten Pizzeria einzukehren. Aber schon nach wenigen hundert Metern steil bergab gaben wir das Unterfangen auf. Der Weg gabelte sich hier mehrfach, und nirgends eine Markierung in der Art, wie oben an der Straße, noch sonst ein Hinweis wo der Wanderweg nun verläuft. Auch erwies sich der Weg als nicht wirklich befahrbar, er war zu steil und zu stark ausgewaschen. Also zogen wir unser Gefährt wieder mühsam den ganzen Weg aufwärts zur Straße zurück.

Eine glückliche Fügung, denn nur eine Serpentinenkurve weiter, direkt an der Straße, in Luciano gab es ein einfaches Restaurant, bewirtschaftetvon einer typisch italienischen Mama und der Oma. Toskanische Spagetti

Bild 1.43: Zu Gast im Ristoro la Montagnola
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mit Tomatensoße standen auf der Speisekarte und als Nachtisch gab es eine Art Teramisu, dazu einen halben Liter roten Landweines und zum Abschluss einen Espresso. Alles zubereitet und serviert von den beiden rührigen Damen.
schaefer 2007-10-07