Nachdem es gestern Abend und fast die ganze Nacht geregnet hatte, waren uns heute die Wettergötter wohlgesonnen. Obwohl der Himmel mit grauen Wolken verhangen war, fiel kein einziger Tropfen Regen. Die Sonne schaffte es aber erst jetzt zum Abend die Oberhand zu gewinnen. Da wir heute eine der längsten Tagesetappen vor uns hatten, sind wir extra etwas früher aufgestanden und konnten so schon vor 9 Uhr losfahren. An der Campingplatzausfahrt wurden wir von einer Gruppe Bustouristen, die in dem Sommerhotel des Campingplatzes übernachtet hatten, mit den besten Wünschen verabschiedet. Sie waren gestern aus Puumala, unserem heutigen Ziel gekommen.
Lappeenranta wird zum einen geprägt durch das ehemalige russische Festungsviertel, das direkt neben dem Hafen liegt, und die Altstadt mit ihrem Marktplatz. Im deutlichen Kontrast dazu stehen die Neubauviertel, durch die uns unser Weg führte. Kurz bevor wir den Ortsteil Lauritsala erreichten, fuhren wir ein ganzes Stück immer am Zaun der ersten großen Zellulosefabrik vorbei. Hier wird der Holzreichtum der finnischen, aber vorallem der russischen Wälder zu Papier verarbeitet. Fast alle mit Holz, meistenteils Birkenstämme, beladenen Eisenbahnwaggons auf dem Werksgelände trug Aufschriften in kyrillischen Buchstaben. Bald hatten wir auch die letzten Häuser von Lappeenranta hinter uns gelassen. Auf einer ruhigen Nebenstraße nicht, weit entfernt vom Ufer des Saimaasees, gelangten wir fast bis Imatra. Unterwegs, in Joutseno, kamen wir erneut an einer großen, neu gebauten Papierfabrik vorbei. Lange bevor wir die Dampf- und Rauchwolke sahen, war der typische Geruch in der Luft wahrnehmbar, je näher wir kamen, um so deutlicher wurde er. Schon in Lappeenranta war uns der Geruch nach nassem Papier aufgefallen, den der Wind mit sich trug.
Die Ortsdurchfahrt durch Imatra erwies sich als komplizierter als erwartet. Die zu Hause für das GPS an Hand diverser Karten zusammengestellte Route für den heutigen Tag, sie sollte uns über Seitenstraßen durch den Ort bringen, endete plötzlich vor einem Werkstor mit einer sehr unwirschen Dame in der Pförtnerloge. Sie war in keiner Weise Willens uns bei der Suche des richtigen Weges behilflich zu sein sondern deutete nur mit unmissverständlichen Gesten an, dass wir hier zu verschwinden hätten. Weder ein Schild am Tor noch die dahinter zwischen Bäumen liegenden Gebäude ließen erkennen, wozu das solcher Art geschützte Gelände gehörte. Also blieb uns nichts anderes übrig als ein Stückchen zurückzufahren und es mit der nächsten Querstraße erneut zu probieren. Schließlich erreichten wir die Hauptgeschäftsstraße von Imatra. Die ein- und zweigeschossigen Flachbauten mit
den teils kleineren, teils größeren Geschäften erweckten den Eindruck einer amerikanischen Kleinstadt. Dazu gehört auch die Unmenge an Reklametafeln, nur die Radwege würden nicht in dieses Bild passen. Auch sonst wird dieser Ort durch die Papierindustrie und deren rasantes Wachstum geprägt. Die meisten Wohnhäuser sind erst in den letzten Jahrzehnten gebaut worden. Einen Hinweis auf ein historisches Stadtzentrum ist uns nicht aufgefallen. Die eigentliche Sehenswürdigkeit des Ortes, die Vuoski-Wasserfälle, sind, da ihre Kraft seit 80 Jahren zur Stromerzeugung genutzt wird, nur noch in den Sommermonaten morgens um 1:00 Uhr und abends um 19:00 Uhr zu bewundern. Ein Schauspiel, das auf diese Weise nur in Verbindung mit einer Übernachtung in Imatra zu genießen ist.Kurz nach dem wir den Ort wieder verlassen hatten, fuhren wir am Werksgelände der dritten großen Papierfabrik, die heute auf unserem Weg lag, erneut in eine Sackgasse. Wir waren ein Stück lang einer alten nicht mehr genutzten Straße gefolgt. Endlich wieder auf dem richtigen Weg, hatten wir uns unsere zweite längere Pause redlich verdient. Kurz vor Roukolahti lud ein kleiner hölzerner Pavillon, der
auf einer kleinen Halbinsel direkt am Seeufer stand, dazu ein, hier unser am Morgen vorbereitetes Picknick abzuhalten. Zu einer Badepause konnte uns das Wetter allerdings nicht animieren. Kurz bevor wir diesen Rastplatz erreichten, passierten wir den östlichsten Punkt (2852'49,7'' Ost ) unserer diesjährigen Reise. Von nun an ging es zumindest tendenziell wieder westwärts.Bis nach Puumala waren es noch 49km, alle auf der 62. Ein kurzes Stück wurde die Straße noch von einem breiten Radweg begleitet, aber dann blieb uns nur noch die Straße. Zum Glück hielt sich der Verkehr in Grenzen, die Holztransporter waren um diese Zeit alle auf dem Rückweg und kamen uns vollbeladen entgegen. Zwischenzeitlich war der Abstand der Autos so groß, dass auf den kilometerweit einsehbaren Abschnitten kein einziges zu sehen war. Ab Roukolahti verlief die Straße fast ausschließlich durch dichte Wälder, meist Kiefern oder Fichten gemischt mit Birken. Immer wieder schimmert eine Wasserfläche durch die Bäume. Auch an Hand der Karten ist es nicht einfach, zu entscheiden ob es sich um einen kleinen See oder eine der unendlich vielen Buchten des Saimaasees handelt. Störend wirkten in dieser auf den ersten Blick intakt scheinenden Naturidylle nur die immer wieder am Straßenrand auftauchenden Kahlschläge. Nur einige wenige große Bäume hatte man auf diesen Flächen stehen gelassen. Sie sollten in den wenigen Jahren, die ihnen blieben bevor einer der Winterstürme auch sie niederstreckt, die natürliche Wiederaufforstung unterstützen. Wie es weiter abseits der Straßen aussieht, welche Wunden der Holzhunger der Papierindustrie dort geschlagen hat, lässt sich nur erahnen.
Puumala erreichten wir über eine große Brücke, die sich hoch über einen Arm des Saimaasee spannt.
Von dieser Brücke führt ein Fahrstuhl für Fußgänger und Radfahrer direkt zum Hafen und in das Zentrum. Wir zogen es aber vor die reguläre Abfahrt zu nutzen. Im Ort füllten wir unsere Vorräte wieder auf, nachdem wir zu vor eine kleine Runde um den Marktplatz gedreht hatten. Auf einen Besuch der Bunkermuseums - Bunkkeri, das auf dem Weg zum Campingplatz lag, verzichteten wir.Peter Schaefer 2008-02-06