Weitestgehend ungestört von dem ganzen Rummel, der hier zu erwarten war, konnten wir in aller Ruhe im Herrenhaus von Messilä Lomakeskus frühstücken. Kurz nach uns kam ein ganzer Schwung der anderen Gäste. Ein Großteil von ihnen trug um das eine Handgelenk ein orangefarbenes Band, wohl die Eintrittskarte zu der Veranstaltung, derentwegen sie alle gekommen sind. Obwohl nicht alle Gästehäuser belegt schienen, kamen erstaunlich viele Gäste zum Frühstück. Das ehemalige Gutshaus mit seinen vielen Wirtschaftsgebäuden und Wohnhäusern für die Landarbeiter ist heute ein Mittelding zwischen
Hotel und Ferienhausvermietung, vorallem für die Wintermonate, während der Skisaison Dazu gehören auch mehrere gastronomische Einrichtungen, eine Skiwerkstatt und ein extra Häuschen für den Verkauf der Skiliftkarten. Letzteres wurde ursprünglich für ein Glockenspiel gebaut. Jetzt aber ruhen alle diese Einrichtungen, auch wenn sie den Eindruck erweckten, als könnten sie jeden Moment geöffnet werden. Statt Skifahrer kamen uns heute früh zwei Reiter entgegen, die in aller Ruhe auf den Wegen zwischen den Ferienhäusern ihren morgendlichen Ausritt absolvierten. Nach der Aufschrift auf einer der ehemaligen Scheunen zu urteilen, scheint Reittouristik zu den Sommerangeboten in Messilä zu gehören.Seit gestern Abend hat die Anzahl der auf dem Parkplatz abgestellten Rennfahrzeuge noch deutlich zugenommen. Viele von ihnen zeigten merkliche Spuren der gestrigen Wettkämpfe. Alles Kleinstwagen ähnlich dem kleinen Saporoshez 965, der ukrainischen Variante des Fiat600. Auffällig war, dass sie fast alle die gleiche Startnummer 18 trugen. Auch die Farbgebung war eher einheitlich. Entweder rot-schwarz oder gelb-schwarz. Nur der nach der Startnummer folgende Buchstabe unterschied sie voneinander.
Bevor wir Messilä endgültig den Rücken kehrten, genossen wir noch einmal den weiten Blick Richtung Norden, der sich von hier oben bietet. Auf dieses Weise nahmen wir Abschied vom finnischen Seenland. Den Werbeprospekten zufolge hatten wir schon gestern das Tor zum Seenland, wie sich Lahti auch bezeichnet, hinter uns gelassen. Auf unserem Weg von Messilä nach Hallolan Kirkens, die Straße verlief anfangs nur in geringem Abstand zum Seeufer, fiel uns kein weiterer Hinweis auf das Großereignis dieses Wochenendes auf. Der ruhige Sonntagmorgen wurde zumindest hier nicht durch heulende Motoren gestört. Hallolan Kirkens ist der historische, gut erhaltene Ortsteil der Gemeinde Hallola, zu der auch Messilä gehört. Der Ort war als administratives Zentrum seit dem 13. Jahrhundert bekannt und gehörte zu den wichtigsten Gemeinden der Region Päijät-Häme. Hier steht eine der ältesten Kirchen Finnlands. Das aus grauen Steine errichtete Kirchengebäude und der später erbaute abgesetzte Kirchturm sind schon von weitem zu sehen. Durch dessen Portal bietet sich ein interessanter Blick über den Kirchhof auf das Kirchenschiff, das an seinem westlichen Giebel reichlich mit Ornamenten geschmückt ist.
Abgesehen von einigen wenigen Kirchgängern war auch hier kaum jemand unterwegs. Nur auf dem Parkplatz gegenüber der Kirche war gerade ein Reisebus mit Touristen, die die Kirche besuchen wollten, angekommen. Die meisten Einwohner des Ortes leben in der Nähe des heutige Zentrums, das in den sechziger Jahren entstand und nicht mehr durch die Landwirtschaft sondern durch ausgedehnte Gewerbegebiete prägt wird. Es liegt einige Kilometer abseits, direkt an der 12 und lohnt den Besuch nicht.
Hinter Sairakalla sind wir dann doch noch einmal auf eine der großen Fernverkehrsstraßen gefahren. Ursprünglich wollten wir dieses Stück bis Hämeenkoski in einem leichten Zickzack über Kastari auf unbefestigten Straßen umgehen. In Anbetracht der Wetterentwicklung nahmen wir den noch relativ ruhigen Sonntagsvormittagsverkehr für eine knappe halbe Stunde in Kauf. Über den am morgen noch strahlend blauen Himmel hatte sich langsam erst eine ganz hohe dünne, dann immer dichter und dunkler werdende Wolkenschicht geschoben, die nun schon bedrohlich nach Regen aussah. Wir wollten bevor es zu Regnen anfängt, noch ein Stück Strecke machen.
In Hämeenkoski lud eine überdachte Bank an einem kleinen aufgestauten Bach zu einer Pause ein. Wie sich herausstellte, ist es das Wartehäuschen der Bushaltestelle.
Die Stärkung war für das folgende Stück auch dringend notwendig gewesen. Auf die Straße nach Kataloinen hatte man bis kurz vor Huhti ganz frisch eine dicke Schicht groben Kies, etwa fingernagelgroße Stücke, gleichmäßig verteilt und wartete nun darauf, die wenigen Autos, die hier fahren, diese festwalzen oder an den Straßenrand befördern. So war schon das einfache vorankommen anstrengend, jeder Anstieg wurde zur Herausforderung, fanden doch die Antriebsräder der Kettwiesel nicht genügend halt und drehten sofort durch, sobald wir nicht mehr gleichmäßig rund traten. Hier zeigte sich der gravierendste Nachteil unseres Gespanns. Zum Glück war der zweite Teil dieses Abschnittes bis Kataloinen wieder von der bisher bekannten Qualität.Irgendwo bei Huhti inmitten ausgedehnter, schon abgeernteter Getreidefelder fiel uns aus einem Feldweg kommend ein Auto auf, ein schon etwas älteres Modell. Ein Junge, der Größe nach noch keine 14 Jahre alt, versuchte nebenher laufend und laut rufend, die Tür während der Fahrt zu öffnen. Letztendlich gelang es ihm, auf den Beifahrersitz zu klettern. Der Fahrer am Lenkrad sah auch nicht viel größer aus. Dort, wo normalerweise ein Nummerschild angebracht wird, hing nur eine gelbe Warntafel mit rotem Blitz, wie sie hier üblicherweise an den Hochspannungsmasten angebracht sind. Bevor wir die Einfahrt erreicht hatten, waren die beiden schon wieder in der nächsten Feldeinfahrt verschwunden.
Inzwischen hatte uns mit dem kräftige Gegenwind auch der Regen erreicht. Die nun wieder asphaltierte Straße führte jetzt durch ausgedehntere Waldabschnitte, die immer wieder durch größere kahle vor wenigen Jahren abgeholzte Flächen unterbrochen wurden. So wie wir es in den letzten Tagen schon oft genug gesehen hatten. An mehreren Stellen, vor allem an den Rändern zu den freien Flächen, waren etliche Bäume entwurzelt oder abgebrochen. Dort, wo sie die Straße versperrt hatten, lagen die herausgeschnittenen Stämme noch am Straßenrand, die abgebrochenen Zweige noch grün. Hier muss in den letzten Tagen erst ein kräftiger Sturm gewütet haben.
Im strömenden Regen erreichten wir den Stadtrand von Hämeenlinna. Am ersten Supermarkt, an dem wir vorbeikamen, ein relativ kleiner, machten wir Halt. Auch Sonntags am späteren Nachmittag ist das Einkaufen von Lebensmitteln kein Problem. So triefend nass, wie wir waren betraten wir das fast leere Geschäft. Dort wo wir uns etwa länger beim Auswählen aufhielten bildeten sich anfangs kleine Pfützen. Wie durch eine Eingebung wählten wir für unser Abendbrot ein mikrowellentaugliches Feinfrostgericht, die Zubereitung sollte nach diesem Regentag vor allen Dingen schnell gehen.
Auch heute übernachteten wir wieder in einer Hütte, oder besser gesagt in einem Bungalow, der zu einem Herrenhaus gehört. In diesem befindet sich jetzt ein vornehmes Restaurant mit dementsprechenden Preisen. Die Küche in unserem Bungalow ist etwas spartanisch eingerichtet, nur mit einem Mikrowellenofen. Mag sein, dass man so die Gäste dazu animieren will, das Restaurant aufzusuchen und nicht selber zu kochen. So hat sich unsere Wahl beim Einkaufen als sehr vorausschauend erwiesen. Nun sitzen wir in unserer warmen Stube und schauen dem Regen zu, der mal mehr, mal weniger auf das Dach klopft. Das Farbenspiel am westlichen Horizont, das die untergehende Sonne dort hervorruft, lässt für morgen wieder auf besseres Wetter hoffen.
Peter Schaefer 2008-02-06