Bei strahlendem Sonnenschein und mit kräftiger Rückenwindunterstützung sind wir am Morgen in Ekenäs gestartet. Bevor wir die kleine Stadt verließen wurde erst noch der notwendige Tagesbedarf an Getränken und Verpflegung, vorallem ein paar Bananen, eingekauft. Über zum Teil asphaltierte, zum Teil auch unbefestigte Straßen, die fast alle nur sehr wenig befahren waren, ging es in nur wenigen Kilometern Abstand zum Meer Richtung Helsinki. Durch die sehr stark gegliederte Küste mit ihrer Unzahl von Inseln und tief eingeschnittenen Buchten, kennt man den Abstand nie genau. Nicht nur dadurch ist die Landschaft sehr abwechslungsreich. Immer wieder stieg die Straße unvermittelt steil an um kurz danach ebenso wieder nach unten zu führen. Kleine aber dichte Wälder mit Blau- und Preiselbeeren wechselten sich mit Getreidefeldern ab, zwischendurch immer wieder mal ein nackter runder Felsen.
Dort wo Landwirtschaft vorherrschte führte alle paar hundert Meter ein Weg zu einem Anwesen, aber nur selten passierten wir einen richtigen Ortskern. Unsere Strecke folgte weitestgehend dem ,,Königsweg``. Dies erleichterte stellenweise die Orientierung, wiesen doch große Tafeln am Straßenrand auf seinen Verlauf hin. Diese Touristenroute führt hier zum großen Teil über die alten Straßen, die durch die Orte Inga und Kirkkonummi führen und die seit dem Ausbau der Verbindung von Hanko nach Helsinki kaum noch benutzt werden. Hinter Inga mussten wir zum ersten Mal für einige Kilometer auf diese stark befahrene, neugebaute Fernstraßen. Eine brauchbare Alternative
gab es nicht, jedoch einen ausreichend breiten Randstreifen. Dafür wurden wir anschließend über einen sehr ruhigen und schönen Abschnitt geführt. Nur für Radfahrer ist die kleine Holzbrücke, die über den kleinen Fluss führt, der hier den See Vikträsk verlässt - ein kleines idyllisches Plätzchen.Nachdem wir wieder auf der Straße waren gerieten wir in eine mehrere Kilometer lange Straßenbaustelle. Der grobe Schotter, der abschnittsweise die provisorische Fahrbahn bildete, stellte eine echte Herausforderung dar. Schon bei der kleinsten Steigung drohten die Antriebsräder durchzudrehen und wir mussten auf den schmalen restlichen Asphaltstreifen auf der linken Seite ausweichen. Auch wenn fast kein Verkehr auf dieser Nebenstraße herrschte, hatten wir dabei kein gutes Gefühl, schlängelte sich doch die Straße hier mit vielen engen Kurven oberhalb des kleinen Flüsschens und des Seeufers hin.
In dem ganzen Gebiet ab Inga haben wir keinerlei Spuren oder Hinweise auf die Zeit unmittelbar nach Ende des 2.Weltkrieges gefunden. Von September 1944 bis zum Januar 1956 musste Finnland die Halbinsel Porkkala und größere Gebiete der angrenzenden Gemeinden Degerby und Kirkkonummi anstelle von Hanko an die Sowjetunion als Militärstützpunkt verpachten. Innerhalb nur weniger Tage wurden alle Einwohner evakuiert und
das Gebiet zu einem Marinestützpunkt zur Verteidigung der engsten Stelle des Finnischen Meerbusens und damit zum Schutz von Leningrad ausgebaut. Erst mit der Entwicklung der finnisch-sowjetischen Beziehungen und der abnehmenden militärischen Bedeutung wurde dieses Gebiet Anfang 1956 wieder an Finnland zurückgegeben. An diese Zeit soll das Igorin Museum in den Bunkern von Degerby erinnern.In Kirkkonummi trafen wir auf die erste Verkehrsampel in Finnland. Hier etwa beginnt der Großraum Helsinki, der zu den dicht besiedelsten Gebieten Finnlands gehört. Bis zu unserem Ziel konnten wir unbeeinträchtigt von dem starken Autoverkehr auf breiten straßenbegleitenden Radwegen fahren. Mit zum Teil großzügigen Lösungen, extra Unterführungen wird hier der Radverkehr begünstigt.
Kreuzt ein Radweg eine einmündende Straße ist an dieser Stelle ein Fußgängerschutzweg, der ein problemloses Überqueren ermöglicht. Nur im Bereich von Baustellen mussten wir auf die Fahrbahn ausweichen, was ohne Drängeln und Anhupen möglich war. Die zum Teil vollständig separate Führung der Radwege bringt jedoch für den Ortsunkundigen manchmal Orientierungsprobleme mit sich. Zeigt doch die Ausschilderung an diesen Wegen öfter in eine ganz andere Richtung als man von der Karte her erwartet. Erst nach mehreren Unterführungen oder Fußgängerbrücken, die über lange in großen Bögen verlaufende Rampen erreicht werden, und nicht immer zu sehen sind, ist man wieder auf der richtigen Seite der richtigen Straße. Manchmal half nur, einen Passanten nach dem Weg zu befragen. So erreichten wir gut unser heutiges Quartier am Rande von Helsinki.
Obwohl auch auf diesem Campingplatz nicht mehr viel Betrieb herrschte, sind am Abend die Hütten fast alle besetzt. Auch wenn wir dieses Jahr ohne Campingausrüstung gestartet waren, hatten wir, auch auf Grund unserer Erfahrungen aus dem letzten Jahr, die Campingküche eingepackt. Die Ausstattung der Küche im Servicehaus mit Töpfen und Geschirr ist hier noch spärlicher als in Schweden und in den Hütten gab es bisher gar keine Kochgelegenheit. Nur den Gaskocher brauchten wir nicht in Betrieb nehmen um unser Abendbrot zu bereiten. In den letzten wärmenden Strahlen der untergehenden Sonne saßen wir fast alleine auf der großen Terrasse vor der Gemeinschaftsküche mit Blick über die nun leere Wiese, die sonst als Caravanstellplatz und zum Zelten dient.
Peter Schaefer 2008-02-06