Nach über einer Stunde Fahrt hatte Petrus dann doch ein Einsehen mit uns, der Regen wurde langsam schwächer und hörte fast auf. Diese Einsicht war leider nur von sehr kurzer Dauer. Die Regensachen waren noch nicht ganz trocken, da setzte er um so stärker wieder ein. Es war als würde das Wasser jetzt mit Eimern über uns ausgegossen. So kann man sich die Sintflut vorstellen. Irgendwo in einem Bushaltestellenhäuschen unterstellen machte auch keinen Sinn mehr, wir waren schon triefend nass. Uns blieb nur Weiterfahren, wollten wir nicht auch noch frieren. So folgten wir nicht mehr den Wegweisern des nationalen Radweges 8, der vor Millinge einen weiteren Schlenker über Feldwege macht, sondern blieben auf der Straße. Erst als wir die Altstadt von Faaborg erreichten, hörte es langsam wieder auf zu gießen. Wir suchten in der Fußgängerzone Zuflucht bei einem Bäcker. Ein großer Pott heißen Kaffee zusammen mit einem ebenso großen Stück Bäckerkuchen besserte unsere Laune wieder auf. Da fast alle, wie wir, vor dem Regen von der Straße hier ins Trockene geflüchtet waren, fiel es nicht so auf, dass sich das von den Regensachen ablaufende Wasser auf dem Boden in kleinen Pfützen zu unseren Füßen sammelte.
Durch das schlechte Wetter hatten wir von der abwechslungsreichen Landschaft zwischen Assens und Faaborg nur sehr wenig mitbekommen. Die Hügelketten vor Millinge, die auch als die Fünischen Alpen bezeichnet werden, waren im alles verschluckenden Grau, das uns umgab, verschwunden und sind uns daher in dem üblichen leichten auf und ab der kleinen Straßen gar nicht bewusst geworden. Auch das Stadtzentrum von Faaborg, die Häuser der Fußgängerzone und die markante Kirche wirkten heute grau und trist. So blieb der Fotoapparat fast den ganzen Tag über gut vor dem Wetter geschützt tief in der Fronttasche vergraben.
Endlich hatte der Regen ganz aufgehört. Der Himmel wurde aber immer noch von dunklen, tiefhängenden Wolken beherrscht, gegen die die Sonne keine Chance hatte, aber wir konnten unseren Weg fortsetzen und so nach und nach die langsam wieder getrockneten Regenhosen und Überschuhe verstauen. Auf kleinen Nebenstraßen, die die verstreut liegenden Gehöfte verbinden und daher immer wieder die Richtung wechseln, gelangten wir schließlich nach Svendborg. Zuvor mussten wir noch eine unfreiwillige Pause einlegen. Ein Schaltzug war gerissen. Ihn am Straßenrand auszuwechseln, hielt uns fast eine halbe Stunde auf.
Von der Brücke, die Fünen mit der Insel Tåsinge verbindet, bietet sich eine weite Aussicht über den Svendborg Sund. Wäre nicht der gleichmäßig rollende Autoverkehr, der jetzt am Nachmittag so dicht ist, dass es uns nicht gelang auf die andere Brückenseite zu gelangen, könnte man hier oben so gar einen Moment verweilen. Aber so beließen wir es bei einem ganz kurzen Stopp, dessen Länge nur durch die Zeit für einige Fotos bestimmt wurde. Es waren die ersten, nachdem wir die Jugendherberge in Assens verlassen hatten.
Eigentlich hatten wir einen Bogen über Troense auf der Insel Tåsinge geplant. Hier kann man Valdemars Slot besichtigen. Aber jetzt wollten wir nur noch schnell an unser Tagesziel und die nassen Klamotten loswerden und da störte es uns auch nicht, dass wir dazu auf der vielbefahrenen Straße bleiben mussten. Nur im letzten Abschnitt wird diese von einem Radweg begleitet. Ein langer Damm und eine hohe Brücke mit recht steilen Rampen verbindet die Insel Tåsinge mit der Insel Langeland. Oben von der Brücke aus lag uns unser heutiges Ziel fast zu Füßen.
Nachdem wir unseren gut ausgestatteten, großräumigen Bungalow auf dem Campingplatz am Rand von Rudkøbing bezogen hatten, hängten wir erst einmal unsere ganzen Regensachen zum Trocknen auf, auf einer langen Leine, die wir quer durch den Raum gespannt hatten. Auch unsere Räder bedurften einiger Wartungsarbeiten. Die Ketten verlangten nach frischem Öl, die unterwegs reparierte Schaltung wollte noch einmal nachgestellt werden und ein Wechsel der Bremsbeläge war langsam fällig. All das hielt uns noch eine Weile auf, bevor wir zu einem Besuch des Stadtzentrums aufbrechen konnten. Die Sonne versuchte inzwischen uns für den vielen Regen wenigstens etwas zu entschädigen. Dummerweise hatten wir den Fotoapparat im Bungalow vergessen. Am nächsten Morgen sind wir noch einmal mit dem Rad durch die Innenstadt gefahren, um die fehlenden Bilder zu ergänzen.
Am bemerkenswertesten fanden wir die großen Höfe, die zwischen den bürgerlichen Häusern liegen. Blickt man durch eines ihrer Tore, gewinnt man den Eindruck, nicht in einer Kleinstadt zu sein. In einem dieser Höfe steht wie eine Wahrzeichen die gut erhaltene Holländerwindmühle. Uns war sie schon im Panorama der Stadt aufgefallen, dass sich bei der Anfahrt von der letzten Brücke aus bot.
Unser Stadtrundgang führte uns durch fast alle kleinen Gassen, aber nicht zum Hafen, obwohl es dort etliches Sehenswertes aus dessen Entstehungszeit geben soll, wie uns der Langeland-Guide, eine Werbebroschüre aus der Touristinformation, später verriet. Auch durch die Ramsherred, die ehemalige Armengasse der Stadt sind wir erst bei unserer Stadtrundfahrt am nächsten Morgen gekommen. In den kleinen Häuschen am damaligen Stadtrand lebten die untersten sozialen Schichten. Der Straßenname deutet noch daraufhin.
Rams bedeutet im Dänischen soviel wie Abfall oder Schmutz. Das was anderen Ortes abgerissen wurde, hat man hier versucht zu erhalten und so hat Rudkøbing die wohl am besten erhaltene Armengasse Dänemarks, schreibt der Langeland-Guide.Zum Abschluss unseres Stadtbummels sind wir dann bei Efes Restaurant & Cafe eingekehrt. Hier kann man sowohl italienisch essen - Pizza und Pasta, es gibt aber auch typisch dänische Küche. Wir waren mit der getroffenen Auswahl sehr zufrieden, es hat wirklich gut geschmeckt.
schaefer 2008-12-07