Von der Stadt Esbjerg haben wir nicht viel zu sehen bekommen. Die Jugendherberge liegt am Rande der Stadt. Gestern Abend sind wir, der Nordsea-Cycle-Route folgend, in einem großen Bogen um das Stadtzentrum herum gefahren. Und diesem Bogen sind wir heute morgen weiter gefolgt. Beim Durchblättern der verschiedenen Prospekte von Westjütland, die an der Rezeption der Jugendherberge auslagen, hatten wir nichts gesehen, dass einen Abstecher ins Zentrum gelohnt hätte. Esbjerg ist vorallem eine Industrie- und Hafenstadt, von der aus die Erdölplattformen in der Nordsee versorgt werden.
Wenige Kilometer nördlich des Stadtrandes, wir hatten die Küstenstraße schon einige Zeit vorher wieder erreicht, steht seit 1995 eine fast 10 Meter hohe Monumentalskulptur, die den Menschen den mächtigen Naturgewalten des Meeres entgegenstellt. Heute wirkte die Nordsee aber sehr friedlich und gar nicht respekteinflößend. Die Silhouette von Esbjerg, die sich von hier bietet, wird durch die großen Öltanks des Hafens dominiert.
Kurz hinter Oksbol hatten wir die Nordsea-Cycle-Route, der wir bisher konsequent gefolgt waren, kurzzeitig verlassen. Die Wegebeschreibung des Bikelineführers war zu wage und ließ eher sehr schlechte Wegabschnitte erwarten. Da die Route hier durch ein Militärgebiet verläuft, war auch GoogleEarth bei der Vorbereitung nicht hilfreich. So blieben wir ein Stück auf der Hauptstraße. Wie sich dabei herausstellte, entsprach dies genau der regionalen Radroute 8. Kurze Zeit später bogen wir dann auf eine Betonstraße ab, die uns wieder in die richtige Richtung führte. Wir fuhren durch ein ausgedehnte, fast ebene Heidelandschaft, in der immer wieder kleine Seen und Tümpel auftauchten. Leider wird dieses Gebiet von der dänischen Armee zeitweise als Schießplatz und Panzerübungsgelände genutzt und dann auch weiträumig abgesperrt. Die meiste Zeit des Jahres, vorallem jetzt in der Urlaubssaison, scheint aber militärische Ruhe zu herrschen obwohl sich in Oksbol eine große Kaserne befindet.
Von Vejers Strand bis nach Henne war der Radweg durch die Dünen und Strand"-wäl"-der bestens ausgebaut. Auf dem gut befestigten reinen Rad- und Wanderweg waren auch dementsprechend viele Urlauber unterwegs. Die meisten von ihnen verbringen ihre Ferien in einem der unzähligen Sommerhäuser, die sich zwischen den Dünen verstecken, oder haben ihren Caravan auf einem der Campingplätze aufgebaut. Auf einen Abstecher nach Børsmose Strand haben wir verzichtet. Vorallem der frische Wind und die Wolken, die sich immer wieder vor die Sonne schoben, dämpften unser Verlangen nach einem kühlen Bad gewaltig. So fuhren wir weiter Richtung Blåbjerg-Düne, der höchsten Wanderdüne Dänemarks, die wie fast alle anderen in den letzten Jahrhunderten durch die Anpflanzung der Klitplantage zum Stillstand gebracht wurde. Hier oben, wo uns ein phantastischer Ausblick versprochen wurde, wollten wir unsere Picknickpause einlegen. Die Nordsea-Cycle-Route führt auf einem Kiesweg unterhalb der Düne durch den Strandwald. Die im Bikelineführer beschriebene Route auf die Düne erwies sich aber als reiner Waldweg, der uns nicht so richtig befahrbar erschien. Wir hätten besser bis Henne Kirkeby auf der Hauptstraße bleiben und dem Grønne Kystvej folgen sollen. So saßen wir nun mit unserer Wegzehrung am Fuße der Düne und blickten nicht auf das Meer sondern in den Kiefernwald.
Die ehemalige Eisenbahn nach Nymindegab wird heute von Draisinen befahren. Am Bahnübergang vor Lønnestuk begegnete uns gleich eine ganze Gruppe von solchen Fahrraddraisinen. Ab hier verläuft ein schmales Asphaltband als Radweg neben der Bahntrasse, um später direkt auf ihr weiterzugehen. Etwas ungewöhnlich führt diese Trasse dann plötzlich auf einem schmalen Weg mitten über einen Campingplatz um dann wieder wie eine ehemalige Bahnlinie auszusehen.
Der letzte Abschnitt von Nymindegab bis zu unserem Ziel Hvide Sande war landschaftlich der schönste. Der Radweg schlängelte sich durch die Dünenlandschaft des Holmsland Klit, der den Ringkøbingfjord von der Nordsee trennt. Der zu haushohen Bergen aufgetürmte Sand wird nur von einer dünnen Vegetationsschicht aus Heidekraut und einigen sehr robusten Grasarten, die dem ständigen Wind auf Dauer trotzen können, festgehalten. So folgte nicht nur eine Kurve der anderen, sondern auch steil bergauf und bergab wechselten ständig. Die lockere Schicht aus feinem Kies, die den Weg bedeckte sorgte zusätzlich dafür, dass wir nur recht langsam vorankamen. So konnte dieser Streckenabschnitt uns noch länger beeindrucken. Alle paar Kilometer passierten wir eine Ferienhaussiedlung. Hier standen die kleinen und auch größeren
Häuschen dicht an dicht zwischen und auf den Sandhügeln der Dünen. Der noch ganz passabel befahrbare Splitweg wechselte sich mit den grob gekiesten Zufahrtswegen ab, die oft genug mit einer Unzahl an Schlaglöchern gespickt waren. Der Übergang wurde jedesmal mit einem Drängelgitter markiert. Die meisten von ihnen ließen sich problemlos umfahren, aber bei einem muss das eine Rad des Anhängers einen Zweig einer wilden Rose am Wegesrand überfahren haben. Dies bescherte uns den ersten Plattfuß in diesem Urlaub. Kurz vor unserem Ziel hatten wir dann trotz der landschaftlichen Reize genug von Schotter, Kies und Splitt und wechselten auf die parallel verlaufende nur mäßig stark befahrene Straße.Am Hafen, direkt am Ortseingang von Hvide Sande, hatte die Fischhalle noch offen. Die große Fischauktion findet zwar morgens statt, aber auch jetzt am Nachmittag boten noch einige Stände viele verschiedene Sorten fangfrischen Fisches an. Außerdem war Räucherlachs im Angebot, der auf unterschiedliche Art weiter verfeinert worden war. Damit war die Entscheidung für das heutige Abendbrot getroffen. Mit zwei großen Portionen im Gepäck steuerten wir unser Quartier an.
schaefer 2008-12-07