Zwischen Vansbro und Johannisholm folgt die 26 dem Lauf des Vattan, an dessen Ufer auch der Campingplatz lag. Es ging damit nur relativ wenig bergauf und bergab. Nach etwa 38 km trafen wir auf die 45, der wir von nun an bis zur finnischen Grenze folgen werden. Diese Fernstraße beginnt in Göteborg und verläuft nördlich des Värners. Bei der Planung unsere Route hatten wir auch überlegt, schon im ersten Teil auf oder parallel zu dieser Straße zu fahren, sind aber wieder davon abgekommen, da wir soweit wie möglich der traditionellen Inlandroute folgen wollten. Schon hier gibt es zum Fahren auf der Fernverkehrsstraße keine Alternative, sieht man von den Schotterpisten ab, die immer mal nach links oder rechts von der Straße abgehen. Viele von Ihnen, so sie auf unserer Karte eingezeichnet sind, enden irgendwo zwischen den Mooren oder in den Wäldern als Sackgasse, sind die einzige Zufahrt zu einem abgelegenen Gehöft oder einer einsamen Hütte.
Unterwegs kreuzten wir wieder mehrmals die Schienen der stillgelegten Inlandsbahn. Am Straßenrand standen an mehreren Stellen Hinweißschilder auf Draisinenverkehr durch das Naturschutzgebiet. Leider ist der Verlauf der Bahntrasse auf den neueren Karten nicht mehr eingezeichnet und von der Straße aus kann man deren Trasse nur selten sehen.
Ab Mora-Strand verkehrt die Inlandsbahn wieder mit einem einteiligen Triebwagen, der zweimal am Tag von hier nach Östersund fährt. Nach einem kurzen Blick durch die Fenster des Triebwagens, der einige Minuten vor uns eingetroffen war, bin ich mir nicht sicher, ob wir mit unseren Rädern mitgenommen würden. Die Inlandbahn wirbt auf ihrer Seite im Internet mit der Möglichkeit der Fahrradmitnahme. Der Triebwagen hat an seinen beiden Frontseite jeweils zwei Halter, die so aussehen, als ließen sich darauf Fahrräder ähnlich wie an einem PKW-Heckträger befestigen, sofern es sich um Räder mit einem klassischen Diamantrahmen handelt. Ob dem so ist und wie verfahren wird, wenn sich ein Rad auf diesem Träger nicht befestigen lässt, konnten wir leider nicht erfragen, da weit und breit kein Mitarbeiter der Inlandbahn zu sehen war und wir nicht bis zur Abfahrtszeit des Zuges warten wollten. In den Wagen selbst ist für Gepäck nur sehr wenig Platz. Ganz im Gegensatz zu den Inlandsbussen, die alle am Heck mit einem sehr großes Gepäckabteil ausgestattet sind, inklusive einer hydraulischen Ladebordwand. Diese Busse verkehren sowohl auf Fernlinien, aber auch der regionale Busverkehr, der jede kleine Siedlung anfährt, erfolgt zumindest hier mit solchen Bussen.
In Mora, einem richtigen Badeort, der zwischen dem Orsasee und dem Siljansee liegt, war mächtig viel Betrieb. Es lief ein großes und dem entsprechend lautes Strandfest mit vielen Buden und Karussells auf dem eine dichte Menschenmenge sich vergnügte und ein Durchkommen mit unserem Rad unmöglich machte. Der Ort lud dadurch nicht zum Verweilen ein. Am Ortsausgang von Mora wurden uns die Dimensionen dieses Landes, aber auch wie dünn es schon hier besiedelt ist, an der Hinweistafel auf die nächsten größeren Orte deutlich. Dort waren neben unserem heutigen Etappenziel Orsa, das nächste und Östersund, das wir in drei Tagen erreichen wollen, aufgelistet. Eine Strecke nicht ganz so weit wie die bis hierher zurückgelegten 560 km.
In Orsa angekommen, sind wir diesmal in eine Luxushütte mit Bad und Küche eingezogen, allerdings auch mit einem dementsprechenden Preis. Etwas kleineres war nicht mehr frei gewesen und zum Zeltaufbauen fehlte uns die notwendige Motivation. Der Campingplatz liegt direkt am Ufer des Orsasees mit eigenem großen Sandstrand und ist dementsprechend voll. Vor dem Essen sind wir noch einmal kurz durch den Ort gefahren, dessen Bild sowohl durch neue, als auch durch historische Gebäude und breite, oft von Birkenreihen gesäumte Straßen und Wege geprägt wird. Im Unterschied zu Mora ist im Ort von dem ganzen Urlaubertrubel nicht viel zu spüren. Am Bahnhof kann man noch etwas vom Glanz und der wirtschaftlichen Bedeutung der alten Inlandsbahn erahnen. Bei genauerem Hinsehen konnte man an der alten, auf dem Abstellgleis stehenden Dampflok die Bemühungen erkennen, diese vor dem endgültigen Verfall zu bewahren. Vielleicht wird sie eines Tages wieder fahren, liebevoll restauriert wie die Wagen und das Bahnhofsgebäude der Schmalspurbahn in Alanda.
Uns war schon während der letzten Tage die Vorliebe einiger Schweden für alte, meist sehr große, vorwiegend aus Amerika stammende Autos, die meisten davon aus den fünfziger und sechziger Jahren, aufgefallen. Die ersten waren uns schon in Nossebro auf dem Campingplatz begegnet, mit Campinganhänger aus der selben Zeit. Auch hier im Ort standen ein alter Buick neben einem ebenso alten Benz, beides riesige Schlachtschiffe, denen man ihre Jahre ansah. Aber es war auch zu erkennen, das sie regelmäßig benutzt werden und keine Museumsstücke sind.
Den für Sonntag geplanten Ruhetag haben wir in Anbetracht des schönen Wetters und des teuren Platzes ausfallen lassen und sind weiter gefahren. Es war zwar nicht mehr ganz wolkenlos und am Tage überraschte uns ein kurzer Schauer, aber der Himmel sah am Abend so aus, als ob es am nächsten Morgen auch so bliebe. Wenn uns die nächste Etappe zu lang und anstrengend wird, besteht die Möglichkeit, sie in Tandsjöborg nach etwa 80 km abzubrechen. Der dortige Campingplatz, der auf keiner unserer zur Vorbereitung genutzten Karten eingezeichnet und auch nicht im schwedischen Campingplatzverzeichnis aufgelistet ist, hat laut Informationsmaterial zu Aktivitäten rund um den Siljansee im Sommer geöffnet.
Peter Schaefer 2006-02-18