Wie in den Tagen zuvor sind wir wieder recht zeitig gestartet. Bis Karasjok verlief die Straße im einem Flusstal durch eine recht bergige Landschaft, am Straßenrand ein mehr oder weniger dichter Kiefernwald, der nur gelegentlich einen Blick auf den Fluss zuließ. Je mehr wir uns Karasjok näherten desto öfter standen vereinzelte Gehöfte und kleine Ansiedlungen zwischen Straße und Fluss. Der Regen der letzten Nacht hatte aufgehört und wir kamen recht schnell voran.
Während unseres Einkaufsstopps in Karasjok fing es aber schon wieder an zu regnen. Karasjok ist Sitz des samischen Parlamentes. Das Parlamentsgebäude ist ein sehr markanter Neubau aus Beton und Holz und erinnert in einigen seiner Formen an aufgestellte Samenzelte. Karasjok wird nicht nur deswegen auch als die inoffizielle Hauptstadt der Samen bezeichnet. Im Ort gibt es außerdem eine große samische Bibliothek und hier erscheint auch die Zeitung ,,Sami Aigi``, der wir gestern das Interview gegeben hatten.
Unsere Mittagspicknick konnten wir, vor dem Regen geschützt unter dem Vordach des Einkaufszentrums abhalten. Besonders schön war dieser Platz nicht, bot er doch nur die Aussicht auf einen Parkplatz und die um diesen herum angeordneten Geschäfte, darunter auch ein Reisebüro. Da kaum noch Touristenbusse unterwegs sind, war an den Souvenirgeschäften ausgesprochene Ruhe. Der heiße Kaffee und der trockene Platz waren eine kleine Entschädigung für dieses Umfeld. Nach dem Lufttanken an der Tankstelle, der eine Reifen am Anhänger war recht weich, sind wir wieder aufgebrochen, bei strömenden Regen in unseren Regensachen gut verpackt. Die Straße führte uns am ,,Sápmi Park``vorbei. Neben der üblichen auf Bustouristenbedarf zugeschnittenen Zurschaustellung von samischer Lebensweise und samischem Handwerk, einschließlich dazugehörigen Souvenirverkaufes und Gourmetrestaurantes, beherbergt der Park auch eine der größten Ausstellungen zur Geschichte und Lebensweise der Samen. Für deren Besuch fehlte uns leider die Zeit.und so ging es weiter Richtung Lakselv.
Das erste Stück führt wieder über die Finnmarksvidda. Das hieß nochmal ein ganzes Stückchen gut bergauf. Links und rechts der Straße wächst über weite Strecken ein lichter Wald aus kleinen verkrüppelten Birken. Gelegentlich steht auch mal eine ebenso verwachsene Kiefer dazwischen. Der karge, teils steinige, teils sandige Boden ist dicht mit Rentierflechten und anderen Moosen bewachsen. Zwischendrin sieht man auch immer mal wieder einen großen Pilz stehen. Bei dem regnerischen Wetter konnten wir nur erahnen, wie fantastisch die Ausblicke, die sich immer wieder über die Weite der Tundra hinweg auf die entfernten, über 1000m hohen Berge boten, bei schönem Wetter sein müssen, insbesondere im kurzen Herbst, wenn das gefärbte Laub der Birken und das bunte Heidekraut alles mit einer Farbenpracht überziehen. Bei Regenwetter ist diese unendlich weite Landschaft in ein eintöniges Grau getaucht und die Berge sind nur manchmal hinter dem Wolkenschleier zu erkennen.
An Stelle der hier erwarteten Rentiere begegneten uns Schafe, zuvor schon durch Verkehrszeichen angekündigt. Eines von ihnen war so anhänglich, dass es uns ein ganzes Stück laut blökend folgte. Eddas Antworten schienen es regelrecht zu motivieren, uns immer weiter zu folgen, bis es dann doch irgendwann stehenblieb und auf der Straße zurücktrottete.
Kurz vor unserem Tagesziel ging es in einer langen Abfahrt hinunter in ein Flusstal. Am Ufer dieses Flusses liegt unser Campingplatz. Zuvor war das Tal schon einige Male tief eingeschnitten neben der Straße zu sehen. Auf dieser Abfahrt sind wir wieder videogefilmt worden. Ein Personenwagen fuhr bei etwa Tempo 50 eine ganze Weile neben uns her und die Beifahrerin versuchte uns dabei aus dem Fenster mit ihrer Videokamera aufzunehmen. Dabei hielt das Auto die ganze Zeit ausreichend Abstand, so das wir uns in keiner Weise behindert oder belästigt fühlten. Ob die Aufnahmen etwas geworden sind werden wir wohl nie erfahren, eine Kommunikation war in dieser Situation nicht möglich. Erst hinterher wurde uns bewusst, das dies alles sich auf einer Europastraße abspielte. Davon war den ganzen Tag über nichts zu merken, die Anzahl der Autos, die uns seit Karasjok begegneten, ließ sich noch mit den Fingern abzählen.
Auch auf diesem, schön gelegenen Campingplatz sind wir die ersten Gäste, später am Abend kam noch eine Familie mit Auto, die hier für eine Nacht Zwischenstation machte. In unserer recht geräumigen Hütte, die Platz für 6 Personen bietet, konnten wir unsere durchnässten Regensachen wieder trocknen. Nach dem Abendbrot sitzen wir nun in dem kleinen Aufenthalts- und Gastraum bei der Rezeption, unterhalten uns mit dem Wirt über Fahrrad- und andere Reisen und trinken dabei ein Glas Bier aus der nördlichsten Brauerei Europas und lassen damit einen Tag ausklingen, der trotz des sehr schlechten Wetters auch viele schöne Eindrücke vermittelte.
Peter Schaefer 2006-02-18