Nun sind wie endgültig am Ziel angekommen. Der Weg hierher führt über zwei 300m über dem Meeresspiegel liegende Hochebenen, auf denen kein Baum und kein Strauch wächst. Nur ein Meer von dünnem niedrigem Gras,
Flechten und Moosen auf steinigem Boden. Diese Insel trägt ihren Namen mit vollem Recht Magerøya bedeutet soviel wie magere Insel. Nach dem zweiten langen Anstieg lag dann unser Ziel schon weithin sichtbar vor uns, die Nordkaphalle. Diese wurde vor 16 Jahren hier oben am nördlichsten Ende des Felsplateaus errichtet, um dem Touristenstrom ein attraktives Ziel zu bieten und einen Schutz vor dem oftmals sehr rauen Wetter, den die Natur hier nicht bietet. Auf dem riesigen Parkplatz herrschte heute gähnende Leere, einige wenige Autos und kein Bus.Nach unserer Ankunft mussten wir uns ersteinmal bei einem ausgiebigen Picknick an einem kleinen Tisch in dem großen Gebäudekomplex stärken, ergänzt durch einen frischen Kaffee. Danach hieß es die obligaten Postkarten schreiben, um aller Welt kundzutun, wir waren wirklich hier gewesen. Damit das ganze auch richtig echt ist, mit Stempel des Nordkappostamtes, müssen die Karten hier vor Ort in einen Postkasten eingeworfen werden. Das Postamt selbst hatte mangels Touristen geschlossen.
Danach wollten wir das Erinnerungsfoto vor dem Globus, dem Nordkapsymbol schlechthin machen und in Ruhe davor ein Gläschen Rotwein trinken, den wir extra von Berlin bis hierher transportiert hatten. In der Zwischenzeit hatte jedoch der Wind stark zugenommen und sich zu einem richtigen Sturm entwickelt zudem regnete es recht heftig. Zum Glück war außer uns noch ein junger Mann hier draußen, der uns fotografierte, denn jeder Versuch mit Selbstauslöser wäre zum Scheitern verurteilt gewesen. Beim Eingießen des Weines wurde uns schnell klar wie abenteuerlich und aussichtslos unser Unterfangen war, bei diesem Wetter hier anzustoßen. Wir flüchteten wieder in den Schutz der Nordkaphalle. Vorher verhalfen wir noch einer japanischen Familie zu ihrem Erinnerungsbild.
In der Zwischenzeit waren, nach der Kleidung zu urteilen noch, zwei weitere Gäste mit dem Rad eingetroffen, die sofort im Restaurant verschwanden. Während wir an einem kleinen Tisch mit Blick auf das im Nebel und Regen fast verschwindenden Nordkapsymbol mit unserem Wein auf die vergangenen schönen Tage anstießen, wurde uns von einem Mitarbeiter des Hauses das ,,Gästebuch für Fahrradfahrer``gebracht, mit der Bitte uns dort einzutragen. Schon der Eintritt war für uns als Radfahrer frei, als Anerkennung der Leistung, mit dem Rad bis hierher zu fahren.
Auf dem Rückweg wurde uns erst richtig bewusst, wie berechtigt diese Anerkennung war. Schon die Hinfahrt war mit ihren insgesamt gut 600 Höhenmetern anstrengend, obwohl wir heute ohne Anhänger unterwegs waren. Jetzt blies uns die ganze Zeit ein Sturm gemischt mit kräftigem Regen entgegen, der jeden Wunsch nach einer Pause in einer Landschaft ohne auch nur den Ansatz einer Schutzmöglichkeit sofort erstickte. So sind wir die ganze Strecke nonstop bis nach Kamøvær durchgefahren. Wir wollten dort in einem Fischrestaurant abendessen, von dem die Wirtin des Campingplatzes uns gestern Abend erzählt hatte. Zwischendurch kamen uns nocheinmal zwei Unentwegte auf ihren Rädern entgegen, mit kräftiger Windunterstützung Richtung Kap.
Das Haus Arran, vor dem wir Halt machten, ist aber eher eine Pension, die für ihre Gäste kocht, als ein Restaurant. Da wir zur Abendbrotzeit ankamen, gab es auch für uns eine schmackhafte und reichliche Fischmahlzeit mit Vorsuppe und Birnenkompott als Nachspeise. Der Fisch, nach der Beschreibung war es Rotbarsch, der hier Uer genannt wird, hat ausgezeichnet geschmeckt. Nach dieser Stärkung konnten wir zum letzten Abschnitt aufbrechen. Unsere Regensachen waren in der Zwischenzeit etwas abgetrocknet und es hatte aufgehört zu regnen. Noch im Ort fuhren wir an einem Bus mit stark angeheiterten Fahrgästen vorbei, die vor der Silberschmiede haltgemacht hatten. Kurze Zeit später überholte uns der Bus, fuhr langsam neben uns her und aus der offenen Tür heraus wollte man uns eine Gläschen eines sehr süßen und sehr nach Alkohol riechenden Getränkes überreichen.
Wir waren schon eine ganze Weile wieder in unserem Quartier in Skipsfjord, das Rad schon fertig zusammengeschlossen und abgedeckt, da klopfte es plötzlich an unsere Türe, und eine junge Frau fragte uns, ob wir es seien, die bei ihr im Hotel Arran Essen waren. Auf unser ,,ja``drückte sie mir 150 Kronen in die Hand, entschuldigte sich tausendmal, ihr Mädchen sei so aufgeregt gewesen und hätte uns irrtümlicher Weise mit 400 Kronen einen viel zu hohen Preis berechnet.
Peter Schaefer 2006-02-18