Heute früh war unsere Reise mit der Hurtigruten in Trondheim zu Ende. Das Schiff machte kurz nach 6 Uhr für vier Stunden am Pier fest. So mussten wir nicht ganz so früh aufstehen. Kurz vor acht fuhren wir wieder aus dem Bauch des Schiffes und starteten zu unserer langen Stadtbesichtigung. Vorher steuerten wir erst eines der vielen kleinen Straßencafes an, die gerade
geöffnete hatten, um ausgiebig zu frühstücken. Danach ging es im Zickzack durch viele kleine Gassen zur Kathedrale. Der gewaltige Bau wurde erst im vorletzten Jahrhundert fertiggestellt und prägt das Stadtbild. Von vielen Stellen aus ist er immer wieder zu sehen. Direkt daneben befand sich über lange Zeit der Bischofssitz. In den Gebäuden sind heute zwei Museen untergebracht, eines zur Geschichte der Stadt und ein Kriegsmuseum. Den Besuch der Festung über der Stadt haben wir ausgelassen zu Gunsten einer ausgiebigen Fahrt durch die vielen schmalen Gassen mit ihren engen Hinterhöfen. Die historischen niedrigen Holzhäuser wechseln sich dabei immer wieder mit moderneren , deutlich höheren Betonbauten ab, die in Baulücken entstanden. Ursache dieser Baulücken sind wohl Brände, denen dann gleich mehrere der alten Häuser zum Opfer fallen. So fehlte im Stadtzentrum eine ganze Häuserzeile, die angrenzenden Gebäude zeigten deutliche Brandspuren. Am Kanal, heute ist dort der Sportboothafen, finden sich noch etliche alte Lagerhäuser, direkt am Kai, die zu Wohnungen umgebaut wurden. In den ehemaligen Lagerschuppen auf der anderen, der Bahnhofsseite des Kanals haben sich ein Fischrestaurant und ein rustikales Café eingerichtet. Davor liegen einige restaurierte Fischerboote. Der Platz lud nochmals zum Verweilen bei einer Tasse Kaffee ein, bevor es zum Bahnhof ging.Zum Glück waren wir rechtzeitig am Zug, mehr als eine halbe Stunde vor Abfahrt. Die Plätze, die für unsere Räder reserviert waren, erwiesen sich als ganz normale Sitzplätze. Die Fahrkarten und Reservierungen hatten wir vor Antritt der Reise in Berlin bei der deutschen Bahn gekauft. Auf dem Bahnsteig und im Zug fanden wir keinen, der danach aussah, als wüsste er Bescheid. Also fädelten wir die Räder auf einen der für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen vorgesehenen Plätze, eine andere Möglichkeit war weder außen am Zug noch drinnen zu erkennen gewesen. kaum, dass wir damit fertig waren, tauchte auch schon der Schaffner auf und forderte uns sehr energisch auf, alles wieder auszuladen. Erst auf unseren Einwand, das wir für die Räder Plätze gebucht hätten, zeigte er uns das nicht öffentlich zugängliche kleine Gepäckabteil vorne beim Lokführer. Dieses Abteil ist auch mit einigen Haken zum aufhängen von Fahrrädern ausgestattet. Erst nachdem wir unsere Fahrkarten mit der Fahrradreservierung, die nur kurz mit ,,stupid``kommentiert wurden, vorgezeigt hatten, durften wir unsere Räder einladen. Mit der tatkräftigen Unterstützung des Lokführers wurde alles richtig festgezurrt. Später, bei der Fahrkartenkontrolle, wurden die Reservierungen für die Fahrradstellplätze, die keine waren, nochmals mit einem Kopfschütteln bedacht. Ohne diese wären wir wohl mit unseren Rädern nicht so ohne weiteres mitgenommen worden.
Die Zugfahrt führte uns auf über 1000 Meter Höhe durch eine interessante und abwechslungsreiche Landschaft, zum Teil ebenso karg, wie wir sie im hohen Norden angetroffen hatten. Es ging vorbei an kilometerlangen Seen. Für die 540km, die wir mit dem Zug in einem Nachmittag zurücklegten, wären mit dem Rad nochmals fünf Fahrtage notwendig gewesen.
In Oslo abends um halb zehn angekommen gingen wir auf die Suche nach unserem vorgebuchten Hotel. Mit einem Stadtplan ausgerüstet, eigentlich kein Problem. Allerdings führte uns der Weg durch das Viertel zwischen Bahnhof und Hafen. Vor etlichen Türen standen auffällig kräftig gebaute Herren, an den Hausecken leichtbekleidete Damen, und wir mit unserem ungewöhnlichen Gefährt mitten durch, uns Gedanken machend, was uns in unserem Hotel erwartet, das da irgendwo mittendrin liegen musste. Wir fanden es am Rande dieses Viertels, konnten unsere Räder in einem Gepäckraum einfädeln und ein Zimmer mit Fenster zum Innenhof beziehen, was etwas Ruhe vor dem Straßenlärm versprach.
Peter Schaefer 2006-02-18