Die ersten Schotter- und Kiesabschnitte hinter Skarreklit hatten wir mit der entsprechenden Gelassenheit hinter uns gebracht und die einmalige Landschaft als Entschädigung für die Schüttelei betrachtet. Im Spätsommer und frühen Herbst, wenn das Heidekraut blüht, ist es hier wohl am schönsten.
Bis kurz vor Blokhus ging alles gut. Bei der Umfahrung einer Barriere am Anfang eines weiteren gekiesten Rad- und Wanderweges streifte unser Anhänger leicht den einen Pfosten und trotz weniger als Schrittgeschwindigkeit brach am rechten Rad die eine Aufhängung ab und es verbog sich die andere. Im Prinzip war es die gleiche Schwachstelle wie vor zwei Jahren in Finnland, nur diesmal war nicht das Rahmenrohr eingerissen, sondern die Radaufhängung selbst war die Schwachstelle. Wie sich später zu Hause beim Betrachten des abgebrochenen Stückes herausstellte handelte es sich auch diesmal um einen Ermüdungsbruch, wahrscheinlich als Folge der ständigen Schüttelei auf den schlechten Wegen, zusätzlich begünstigt durch einen Fehlers in der Konstruktion des Anhängers. Der kleine Stoß hat dann den letzten Rest gegeben.
Nun standen wir da mit unserem ganzen Gepäck und hatten noch gut 60 km bis zu unserem Ziel vor uns. Die große Reisetasche ließ sich nach Abbau des Flaschenhalters wie auf der Toskanatour hinten am zweiten Kettwiesel befestigen. Wir konnten nun nur hoffen, das die notdürftige Bandage aus Kabelbindern, die die Bruchstelle etwas fixierte, der nun merklich geringeren Last standhalten würde. Ganz vorsichtig fahrend erreichten wir den ältesten Badeort an der Jammerbucht.
In Blokhus versuchten wir eine Karosseriewerkstatt zu finden, in der schwachen Hoffnung, das sich der Schaden eventuell noch reparieren ließ. Aber so ein Riesenglück wie vor zwei Jahren in Finnland hatten wir diesmal nicht. Zum einen war heute ja Samstag und mitlerweilen schon fast Nachmittag und alle Werkstätten hatten geschlossen, zum anderen erweckte keine von ihnen den Eindruck als würde man dort auch ältere Karossen mit Schweißgerät und der dafür notwendigen Fertigkeit reparieren. Uns blieb nicht anderes übrig, als vorsichtig weiter zu fahren.Von Blokhus an mieden wir jeden nur möglichen schlechteren Wegabschnitt und versuchten nur auf Asphalt zu fahren, was uns auch fast gelang. Der Preis dafür war hoch. Fast alle sehenswerten Stellen konnten wir nur aus mehr oder weniger großem Abstand bewundern. Die 15km zwischen Blokhus und Lokken wollten wir eigentlich direkt am Strand entlang fahren. Hier ist der Sand so fest, das man problemlos mit dem Rad auf ihm fahren kann.
Von Rubjerg Knude, dem Leuchtturm hinter der Sanddüne, die ihn mittlerweile überragt, haben wir nur die Spitze in der Ferne erahnen können. 1900 gebaut, hat der Wind in weniger als 100 Jahren auf der vor ihm liegenden Steilküste einen riesigen Sandberg aufgetürmt.
Der unbefestigte Zufahrtsweg schlängelt sich durch diese Dünenlandschaft. Eigentlich wollten wir dem kleinen Museum im Leuchtturm, das das Sandtreiben zum Thema hat, einen Besuch abstatten. Wie lange es noch dauert, bis dieses endgültig vom Sand verschüttet wird, ist unklar. Der dänische Staat, Betreiber des Leuchtturms, hat schon vor Jahren den Kampf gegen den Sand aufgegeben.Etwas südlich der Dünen stand direkt neben der Straße die ehemalige Kirche von Rubjerg. Man hat sie schon vor Jahrzehnten abgetragen, da sie auch langsam vom Sandtreiben verschüttet wurde. Heute findet man nur noch die Reste ihrer Grundmauern und einige wenige Spuren, die auf den Kirchhof hindeuten. Alles überwachsen von dem harten Strandhafer. Hier nutzten wir eine kurze Regenpause, der Regen hatte kurz hinter Blokhus begonnen, um etwas abseits der Straße ein wenig zu verweilen. Die einzigen, die uns dabei Gesellschaft leisteten waren ein paar Kühe, die unser merkwürdiges Gefährt in Augenschein nahmen.
An Marup Kirke, die fast am Rand der Klippe steht und in nicht mehr allzulanger Zeit auch ein Opfer des Meeres werden wird, sind wir vorbeigefahren. Auch dem Leuchtturm hinter der Düne droht irgendwann dieses Schicksal. All dies wollten wir uns eigentlich ansehen, denn die heutige Etappe war die mit den meisten Sehenswürdigkeiten auf die wir nun verzichtet haben. Aber dafür haben wir es bis nach Hirtshals geschafft. Die Kabelbinderbandage mussten wir nur einmal erneuern.
Auch das Wetter hatte auf diesem Abschnitt kein Nachsehen mehr mit uns. Immer wenn wir gerade getrocknet waren, trieb uns der nächste Regenguss wieder in die Regensachen. So hatten wir nach unserer Ankunft keine Lust mehr auf ein Bad in der Nordsee, obwohl die Jugendherberge fast direkt am Strand liegt. Stattdessen sortierten wir unsere Sachen in zwei Kategorien. In die Dinge, die unbedingt weiter gebraucht werden und die Dinge, die verzichtbar sind und zurück nach Berlin geschickt werden können. Zuvor war ein letzter Versuch des Herbergsvater gescheitert, im Ort jemanden zu finden, der die Radaufhängung wieder anschweißen kann.
schaefer 2008-12-07