Mo 1.9. Arzachena - Porto Pozzo

44,5km 400Hm
Unser erstes Ziel, das wir kurz nach unserem Aufbruch ansteuerten, war der Nuraghe Matchitu. Die Reste dieser vor über 3000 Jahren errichteten Steintürme finden sich überall auf Sardinien und zeugen von einer frühen Hochkultur auf dieser Insel. Das Innere des Turmes ist durch eine kleine Türöffnung in der aus Granitsteinen ohne Mörtel errichteten Außenwand zugänglich. Der eine fensterlose Innenraum ist noch vollständig erhalten. Wir hatten extra unsere Taschenlampe hervorgeholt, um hineinzusehen. Die Steine sind wie zu einer Kuppel aufgeschichtet. Oben schließt eine große Steinplatte das Gewölbe ab. Später entdeckten wir, dass für die Besucher in einer Wandnische neben dem Eingang sogar eine funktionierende Handlampe bereitlag,
Bild 1.13: Eingang zum Nuraghe Matchitu
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...bild-0901-1}
%% 0901/212-1232.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}
angeschlossen an einer Kabeltrommel, die das Gewölbe viel besser ausleuchtete als unsere kleine Taschenfunzel. Steht man etwa auf der Höhe der Kuppel, sieht man, wie die Erbauer geschickt vorhandene riesige Felsblöcke ausnutzten und mit in die Außenwände einbezogen. In der unmittelbaren Umgebung sind mehrere Trockensteinmauern aufgeschichtet, die den Eindruck vermitteln, dass sich einst hier eine ganze Siedlung befand, deren Mittelpunkt der Nuraghe war. Eine Besonderheit zeichnet den Nuraghe Matchitu aus. Während die meisten Nuraghen runde Steintürme sind, formt sein Innenraum einen langgestreckten Korridor. Von dieser Art gibt es nur wenige auf Sardinien.

Als etwas schwierig erwies es sich, den richtigen Zugang zu dieser archäologischen Stätte zu finden. Laut Karte sollte er sich auf der rechten Seite der Straßen befinden. Hier sahen wir auch hinter einem Zaun mehrere Wege und Trampelpfade, die darauf hindeuteten, dass sich dort etwas interessantes befinden musste. Aber es gab keinen Zugang. Der Wegweiser an der Straße zeigte dagegen auf einen Parkplatz auf der anderen Seite. Nach einigem Suchen fanden wir dann die Zufahrt zum Fußgängertunnel, der unter der Straße und unter dem Zaun am Straßenrand hindurchführte. Am Anfang des Kiesweges, der von dort auf den kleinen Hügel und damit zum Nuraghe führte, parkten wir unser Rad.

Bild 1.14: Trockensteinmauern vor dem Nuraghe Matchitu
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...bild-0901-2}
%% 0901/212-1243.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}

Nach der Besichtigung interessierten wir uns noch für den kleinen Laden am Parkplatz. Bei unserer Ankunft hatte er noch geschlossen. Er schien, so sah es zumindest aus, Informationsmaterial zu der Zeit der Nuraghen bereit zu halten. Die Tafeln in dem Areal auf der anderen Straßenseite warnten nur vor dem Verlassen der Wege und dem Besteigen der alten Mauern, gaben aber sonst nichts Wissenswertes preis. So hofften wir hier etwas mehr zu erfahren. Aber alle Bücher, Broschüren und selbst die ganz dünnen Heftchen waren nur käuflich zu erwerben und uns entweder viel zu umfangreich oder ihr Umfang stand in einem krassen Missverhältnis zum geforderten Preis. Also blieb unser Wissensdurst ersteinmal unbefriedigt. Eigentlich hätten wir hier in diesem Laden vor der Besichtigung des Nuraghen die notwendigen Eintrittskarten lösen müssen. Da es sich bei diesen um Kombitickets für die Besichtigung der insgesamt vier archäologisch interessanten Plätze in der Umgebung von Arzachena handelt, ist unser gratis Besuch nicht weiter aufgefallen.

Von hier steuerten wir die Küste des Golfes von Arzachena an, um an ihr entlang bis zum Capo de Orso zu radeln. Es ist landschaftlich ein sehr schöner Abschnitt, der mehrfach durch kleine Badeorte bereichert wird. In dem größten von ihnen, in Cannigione, reihte sich eine Pizzeria an das nächste Restaurant. Auf diesem Abschnitt trafen wir mehrfach zwei Radfahrer wieder, die auch mit viel Gepäck unterwegs waren. Mal überholten wir sie, mal fuhren sie an uns vorbei.

Bild 1.15: Straßenstrand bei Palau
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...bild-0901-3}
%% 0901/212-1253.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}

Am Ende des Golfo delle Salino hört die bis dahin gut asphaltierte Straße plötzlich auf und führt als schlaglochgespickte Schotterpiste steil zum Strand hinab. Über einige hundert Meter geht diese dicht am Wasser weiter, bevor eine neue Straße wieder nach oben in die Hügel führt. An diesem Straßenstrand am Ende einer fast malerischen Bucht hatten etliche Badelustige und Sonnenhungrige ihre Liegen und Schirme direkt neben den geparkten Autos aufgestellt und ließen sich durch den vorbeirollenden Verkehr nicht in geringsten stören. Es war schon ein kurioser Anblick.

In dem kleinen Ort oben am Capo de Orso fanden wir eine Snackbar, von der aus sich die Bucht noch einmal überblicken ließ. Hier verweilten wir eine gute Stunde bei einer Flasche kühlen Mineralwassers und einem einfachen Snack, ähnlich wie gestern das Fladenbrot, aber mit Schinken und Käse, nicht frisch sondern aufgewärmt und bei weitem nicht so gut.

So gestärkt konnten wir die Besichtigung der größten Sehenswürdigkeit am Capo de Orso angehen. Ein Gut ausgebauter Fußweg führt hoch bis zum Bärenfelsen, einem ganz markanten, von Wind und Wetter geformten, von weitem sichtbaren Felsbrocken hoch auf dem Kap. Seinen Namen erhielt er, da er, von der richtigen Seite betrachtet, an einen aufrecht stehenden Bären mit hoch erhobenen Tatzen erinnert. Für den

Bild 1.16: Der Bärenfelsen auf dem Capo Orso
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...bild-0901-4}
%% 0901/212-1279.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}
Aufstieg wird von jedem direkt am Parkplatz ein Obolus von zwei Euro kassiert. Nicht zu viel, wenn man bedenkt, dass die Wege gesichert und in Ordnung gehalten werden müssen. Beim Aufstieg hat man auch einen guten Blick auf das benachbarte alte Militärfort, das direkt auf dem Kap liegt und sicherlich mal eine wichtige strategische Rolle spielte, heute aber aufgegeben und teilweise verfallen ist. Obwohl das Eingangstor mit einer dicken Kette verschlossen und eine Besichtigung nicht möglich ist, stiegen etliche Touristen auf dem Gelände umher.

Auf dem Weg von hier nach Palau, einer kleineren Hafenstadt, von der aus die Fähren zur Insel Maddalena, aber auch nach Genua und nach Porto Vechio verkehren, begegnete uns gleich eine ganze Truppe Radfahrer, die aussah als handelte es sich um eine geführte Radreise. Die Räder sahen alle sehr ähnlich aus, und ihre Fahrer folgten der Aufforderung zum weiterfahren, die einer von ihnen gab.

Beim Verlassen von Palau hatten wir uns dazu entschlossen, noch einen Bogen mehr zu fahren, als wir ursprünglich eingeplant hatten. Statt der Hauptstraße zu folgen, sind wir Richtung Porto Rafael abgebogen, um an die Costa Serena zu gelangen. Unsere Sardinienkarte hatte uns gesagt, dass es dort eine Straßenverbindung gibt und die wollten wir benutzen. Die große Festung am Monte Altura oberhalb der kleinen Hafenstadt Porto Rafael konnte man leider nicht besichtigen, die Billeterie war verweist, alle Türen und Fenster verschlossen. Einige wenige, die dennoch den Weg zum Festungstor hochgestiegen waren, kamen unverrichteter Dinge enttäuscht wieder zurück, stiegen in ihre Autos und fuhren davon.

Bild 1.17: Festungsanlage auf dem Monte Altura
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...bild-0901-5}
%% 0901/212-1279.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}

Noch vor Porto Rafael zweigt eine kleine, fast winzige Straße zur Costa Serena ab. Wir konnten schon den Hafen und die zum Teil riesigen Yachten die dort lagen sehen. Zwischen hohen von Kakteen bewachsenen Grundstücksmauern, die nur erahnen ließen, dass sich dahinter vornehme Villen versteckten, gelangten wir bis in den Badeort Costa Serena. Die Straße war stellenweise so schmal, dass sich keine zwei Autos begegnen konnten. Allerdings ist uns auch bis auf einen Sportwagen keiner entgegengekommen.

Den weiteren Weg zu finden erwies sich als relativ schwierig. Erst nach mehreren Schleifen zwischen den vielen Ferienhäusern fanden wir die richtige Straße. Nach dem wir das letzte Feriendomizil passiert hatten und kein Urlauberauto mehr diesen Teil der Uferstraße benutzen

Bild 1.18: Endstation Feriensiedlung
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,90)
\includegraphics[width=12...
...bild-0901-6}
%% 0901/212-1289.jpg
\par
\end{picture}
\end{center}\end{figure}
musste, hatten wir die schönste Staubstraße vor uns, die jetzt, am Ende des Sommers, dieser Bezeichnung alle Ehre machte. Erst am Zaun der nächste Clubanlage änderte sich das wieder. Auch wir werden diesmal in einer Clubanlage übernachten. Nicht so groß und nicht direkt an der Küste gelegen sondern am Ortseingang von Porto Pozzo. Bis dahin waren es nur noch wenige Kilometer.

Peter Schaefer 2010-10-21