Di. 2.9. Porto Pozzo - Santa Maria

58.0km 910Hm
Eigentlich sollte es heute ein gemütlicher Abschnitt werden, mit wenigen Kilometern und einem Badestopp kurz vor dem Ziel. Aber darum haben wir uns selbst gebracht. Aber ersteinmal begann der Tag wie geplant. Nach einem ausgiebigen Frühstück sind wir recht zeitig aufgebrochen. In einem Bogen über kleine und kleinste Nebenstraßen, etwas abseits der Küste und deren stärker befahrenen Straßen, steuerten wir unser erstes Ziel, Santa Terresa, an. Unterwegs kamen wir wieder an
Bild 1.19: Abseits der Hauptstraßen
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merkwürdig geformten, übereinandergetürmten Felsgebilden vorbei, bei denen wir uns fragten, wie Wind und Wetter sie über die Jahre so zustande gebracht haben. Manche sahen so aus, als seien sie erst vor kurzem von einem riesigen Kran umgedreht und an ihren jetzigen Platz gehoben worden.

Die besondere Sehenswürdigkeit bei Ruoncammino, auf die wir mehrfach durch Schilder am Straßenrand aufmerksam gemacht wurden, erwies sich als eine große Anlage für verschiedenste Veranstaltungen mit mehreren Bars, einem Restaurant und einer großen Bühne. Abends scheint hier fast immer viel los zu sein, glaubt man den unzähligen Plakaten, die an den Wänden angebracht waren. Nach der Größe des Parkplatzes zu urteilen, werden hier allabendlich sehr viele Gäste erwartet. Als wir hier am zeitigen Vormittag eintrafen, herrschte jedoch gespenstige Ruhe. Während wir uns umsahen, begegnete uns keine Menschenseele. Zu weit trauten wir uns aber nicht auf das Gelände. So kehrten wir etwas enttäuscht diesem Ort, den wir offensichtlich zur falschen Zeit besucht hatten, den Rücken.

Eine kleine Entschädigung bot sich dafür auf der anderen Seite der Straße. Eine ganz neu gemachte Zufahrt führte über einige hundert Meter zu der kleinen Kirche des Ortes. Auch sie war erst vor kurzem renoviert worden und leuchtet nun in einem strahlendem Weiß. Im

Bild 1.20: Die Kirche von Ruoncammino
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Schatten der alten Olivenbäume vor ihrer Tür verweilten wir eine kleine Weile auf einer Bank und genossen die Ruhe, die hier herrschte, und dazu eine große Banane. Ohne die neue Zufahrt, die uns neugierig gemacht hatte, wären wir hier achtlos vorbeigefahren, denn auf die Kirche machte kein Wegweiser aufmerksam.

Trotz der etwas längeren Pause waren wir recht zeitig in Santa Terresa. Einer der markantesten Punkte des Ortes ist der oberhalb des Hafens gelegene Torre Spagnola la Turri, ein Turm, wie ihn die Spanier an vielen Stellen der sardischen Küste zu deren Verteidigung errichtet haben. Das Museum im Turm war leider geschlossen. Aber auch so bot sich von der Treppe zu seinem Eingang auf halber Höhe und von der Ballustrade am Fuß des Turmes ein weiter Ausblick. Richtung Norden sind die Konturen der korsischen Berge im Dunst zu sehen. Eine Fährlinie verbindet Santa Terresa mit der Nachbarinsel. Der Hafen selbst ist von hier oben aus nicht zu sehen. Erliegt gut geschützt in der Bucht etwas weiter östlich. Alle Schiffe, die ihn erreichen wollen müssen direkt unterhalb des Torre Spagnola vorbeifahren, egal ob kleines Segelboot oder große Fähre.

Bild 1.21: Torre Spagnola la Turri in Santa Terresa
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Am Ende der kleinen Bucht auf der Westseite liegt der einzige Sandstrand. Er ist mit unzähligen, ordentlich in Reih und Glied aufgestellten Sonnenschirmen bedeckt, zwischen denen kaum ein freies Plätzchen geblieben ist. Hier herrscht an den Strandbars Hochbetrieb. Es ist nicht die Art von Badengehen, die uns zusagt.

Noch vor der größten Mittagshitze hatten wir die Besichtigung des Ortes, seines Marktplatzes und mehrerer alter Gassen, durch die sich der Autoverkehr quälte, abgeschlossen, inklusive einer kurzen Pause in einem Straßencafes in der Nähe des Zentrums. Hier bestellten wir uns wieder einen kleinen Imbiss, eine große Flasche eisgekühlten Mineralwassers und einen kräftigen Espresso. Der Imbiss war aber bei weitem nicht so gut wie gestern. Ein vorbereiteter und nur aufgewärmter Toast mit Käse und Schinken. Da es noch nicht sehr spät am Mittag war, überlegten wir, was wir uns hier in der Nähe des Ortes noch ansehen könnten. Nach einem Blick auf die Karte fiel dann der Entschluss, noch einen Abstecher zum Capo Tesa zu unternehmen. Von dort sollte laut Sardinienkarte eine Straße über Santa Reparata zurück zum geplanten Routenverlauf führen. So hatten wir uns das jedenfalls vorgestellt. Aber wie so oft, kam alles ganz anders.

Außerhalb der Saison ist das Capo Tesa sicherlich einen Besuch wert, aber heute war schon die Straße dorthin zu einem einzigen Parkplatz umfunktioniert worden und an der Wendeschleife vor dem Zugang zum Leuchtturm ging es zu wie an einem verkaufsoffenen Sonntag in der Berliner Innenstadt - Himmel und Menschen und Autos. Dazu eine erbarmungslos vom Himmel brennende Sonne und kein einziges schattiges Plätzchen. Das Kap selbst ist eher unspektakulär. Eine kleine felsige

Bild 1.22: Der Leuchtturm vom Capo Tessa
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Insel, die sich etwas über 100m aus dem Meer erhebt. Oben ein Leuchtturm, wie ein kleines Schloss, zu dem man auf einem breiter Weg gelangen kann. Das was die Menschenmassen anzieht sind die vielen kleine und kleinsten Buchten, zu denen überall Trampelpfade hinunterführen. Trotz der Fülle kann man sich in so einer Nische mit sich und dem Meer fast allein fühlen.

Schließlich kehrten wir dem Kap etwas enttäuscht den Rücken, nach dem es uns nicht gelungen war, irgendwo zwischen den ganzen parkenden Autos eine Lücke zum Abstellen unseres Gefährtes zu finden. Auf dem gleichen Weg, über die gleichen Hügel sind wir die wenigen Kilometer bis zum Abzweig nach Santa Reparata zurückgefahren.

An das ehemalige Fischerdorf erinnert nur noch die kleine Kirche in der ehemaligen Dorfmitte. Rundherum ist diese nun von einer ausgedehnten Ansammlung von neugebauten Ferienhäusern umgeben, die sich entlang mehreren Straßen und Wegen auffädeln oder zu geschlossenen Ferienanlagen gruppieren. Von den alten Fischerhäusern hat wohl keins diese Bauorgie überstanden. Die vielen, einfach zu erreichenden Buchten am Ufer waren unerwartet leer. Nur gelegentlich sahen wir dort Sonnenhungrige oder Badelustige. Mag sein, dass es diese alle ans Capo Tesa zog. Wir sind eine ganze Weile durch diesen Ort gekurvt, haben wohl jede Straße dabei kennengelernt, nur diejenige, die laut Karte uns weiter in Richtung unseres Tagesziels bringen sollte, fanden wir nicht. Mit jeder Runde durch den Ort kamen aber weitere Höhenmeter auf unser Tageskonto, denn die Küste fällt hier

Bild 1.23: Feriensiedlung Santa Reparata
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deutlich zum Ufer hin ab. Irgendwann war der ständige Wechsel zwischen steil bergab und steil bergauf und das damit verbundenen Schalten über viele Gänge einem Niet in der einen Kette zu viel. Das Ergebnis war neben dem Kettenschaden ein total verkeiltes Kettenschutzrohr. Eine Notreparatur war nicht zu umgehen. Der einzige öffentlich zugängliche schattige Platz im ganzen Ort lag zum Glück nicht allzuweit entfernt. An der Seite der kleinen Kirche von Santa Reparata konnten wir den Schaden beheben. Nur der Gärtner des Ortes fühlte sich durch uns gestört, wollte oder sollte er doch gerade jetzt die kurzen, spärlichen Grashalme, die rund um das Kirchenhaus sprießten, mit seiner Motorsense noch weiter verkürzen. Die Suche nach der, in der Karte eingezeichneten Straße haben wir nach der erfolgreichen Reparatur des Schadens aufgegeben. So wie wir kamen, sind wir über alle Hügel hinweg nach Santa Terresa zurückgefahren. Vielleicht hätten wir den Namen des Dorfes als Warnung deuten sollen.

Inzwischen war es schon relativ spät am Nachmittag und es zog uns zu unserem heutigen Ziel, das etwas abseits der Küste zwischen den Hügeln liegt. Auf einen Badestopp, so wie ursprünglich geplant, verspürten wir keine Lust mehr. Wir beließen es bei einer knappen Besichtigung des

Bild 1.24: Auf dem Weg zum Strand
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Strandes, gerade so lang, wie für eine Bananenstärkung notwendig ist. Die Bananen bot kurz zuvor eine Straßenhändler am Rande eines großen Gewerbe- und Einkaufswagens feil, neben einer sehr breiten Auswahl an frischem einheimischem Obst und Gemüse. Die frischen Pfirsiche sind gleich vor Ort verspeist worden. Noch ein Paar Fotos vom Strand, und wir machten uns auf die Suche nach unserem Hotel. Dessen genaue Lage war bei der Vorbereitung unklar geblieben. Die Koordinatenangaben auf der Webseite waren falsch, und auf Google-Earth versperrte eine einzelne dicke Wolke die Sicht genau auf den Teil der Hügel, in denen das Hotel liegen musste. Nach einer knappen Stunde Fahrt erreichten wir unser Ziel und schafften es auch noch, vorm Abendbrot ein kurzes Bad im Swimmingpool zu nehmen.

Peter Schaefer 2010-10-21