Den Tag über konnten wir den Menschenmassen noch recht gut aus dem Weg gehen. Am Isarufer und im englischen Garten war es angenehm ruhig, nicht sehr viel mehr Betrieb als an jedem anderen sonnigen Wochenende auch. Überall dort wo es am Isarufer möglich war lagen Sonnenanbeter und genossen das schöne Wetter.
Auf dem Weg vom Bahnhof zum englischen Garten, das Stadtzentrum dabei umfahrend, stießen wir auf einen riesigen Schiffspropeller von fast 7m Durchmesser. Ein solches Exemplar hätten wir viel eher in Hamburg, in der Nähe des Hafens, aber nicht hier mitten in München am
Straßenrand erwartet. 1890/91 von der Friedrich Krupp AG Essen gegossen, befindet er sich seit 1905 im Besitz des Deutschen Museums, nachdem er 10 Jahre zuvor auf der Weltausstellung in Chicago ausgestellt war. An einem Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd Bremen war dieses Ausstellungsstück, dem Aussehen nach zu urteilen, nie zum Einsatz gekommen.In dem Restaurant am chinesischen Turm fanden wir nach kurzem Warten an einem Gartentisch noch zwei freie Plätze. Den Tipp hatte uns mein Sohn Reiner, der zur Zeit einen Teil seiner Ausbildung hier absolviert, gegeben. Auch die Küche hielt das, was uns versprochen wurde. Der Biergarten direkt daneben war bis auf wenige Plätze besetzt. Hier ging es hoch her, so wie auch in allen anderen ähnlichen Lokalitäten im englischen Garten. Die Stimmung der Oktoberfestzeit und das herrliche sonnige Wetter hatte fast alle Münchner aus ihren Wohnungen ins Grüne gelockt. Nach dem Essen entflohen wir diesem Trubel
weiter Isar abwärts, teilweise einen markierten Radwanderweg nutzend, bis fast an den Münchner Stadtrand, dort wo unser Stadtplan endete. In einem großen Bogen am Rande des englischen Gartens kehrten wir wieder Richtung Stadtzentrum zurück, das wir uns eigentlich auch ansehen wollten, nachdem wir zuvor schon an solche imposanten Bauten wie dem Sitz des Bayrischen Landtages vorbeigekommen waren.Es erwies sich aber als fast unmöglich, inmitten der Menschenmassen, die das Stadtzentrum füllten, vorwärts zu kommen, Ganz anders, als letztes Jahr in Rostock auf der Hanse-Sail. Das lag wohl auch an der großen Anteil nicht mehr ganz nüchterner Oktoberfestbesucher, die die Fußgängerzone füllten. Als ganz besonders aufdringlich erwies sich eine Gruppe junger, deutlich riechbar betrunkener Italiener, die sich unbedingt gegenseitig vor, hinter oder auf unserem Rad fotografieren wollten. Wir wurden den Eindruck nicht los, das viele der Touristen München nur des Oktoberfestes wegen besuchten, um einmal richtig die Sau raus zu lassen.
Auch die Rikschafahrer, die sonst als Velotaxi Touristen durch die Innenstadt kutschieren, standen etwas hilflos in dem ganzen Trubel. Auch für sie schien jeder Versuch aussichtslos, hier vorwärts zu kommen.
Am Rande der Fußgängerzone stand ein Konferenzbike, das von etlichen Passanten bestaunt wurde. Sein Fahrer hatte es wohl aufgegeben, Fahrgäste für sein Gefährt zu finden, mit denen er noch eine Runde wagen könnte. So nutzte er die unfreiwillige Pause zu einer ausgiebigen Stärkung.Auf dem schnellsten Weg entflohen wir wieder dem Stadtzentrum und steuerten die zweite große Parkanlage Münchens, den Olympiapark an. Das war das zweite Ziel, das uns Reiner für einen Münchenbesuch zur Zeit des Oktoberfestes empfohlen hatte. Eigentlich wollten wir bis auf den Olympiaberg gelangen, von dem aus einem das Olympiagelände mit dem Olympiastadion zu Füßen liegt und man einem schöne Ausblick über München haben soll. Aber hier fand bei langsam hereinbrechender Dämmerung immer noch Europa's größtes 24-Stunden Mountainbikerennen statt. Alle Wege die auf den Berg führten, waren abgesperrt. Uns bleib nichts anderes übrig, als den Veranstaltungsort zu umrunden. Auf einer Bank am Olympiasee warteten wir, bis die Sonne endgültig hinter dem Horizont verschwunden war, vor uns die Silhouette des Olympiastadions. Derweilen zogen die Mountainbiker unermüdlich ihre Runden über den Olympiaberg, die meisten nun mit Licht am Rad. Sie hatten jetzt noch nichteinmal die Hälfte ihres Pensums absolviert.
Nach unfreiwilliger Umrundung des Bundeswehrverwaltungszentrums fanden wir den Weg wieder zurück zum Stadtzentrum. Da bis zur Abfahrt unseres Zuges noch ausreichend Zeit blieb, wollten wir noch einige Sehenswürdigkeiten im Stadtzentrum wenigstens kurz in Augenschein nehmen. An der Feldherrenhalle änderten wir diesen Plan, nach dem es uns nicht gelungen war, den unzähligen Scherbenhaufen zerbrochener Biergläser und zerschlagener Flaschen auszuweichen. Hier am Odeonsplatz hatten wir uns den ersten Plattfuß dieser Reise eingefahren. Nach dem der Schaden wieder behoben war, kannten wir nur noch ein Ziel, möglichst schnell zum Bahnhof zu gelangen, nicht ahnend, dass wir auch dort nicht dem Trubel entfliehen konnten.
schaefer 2007-10-07